Michail Gorbatschow

AP/IVAN SEKRETAREV

1931 - 2022

Michail Gorbatschow ist tot

Der russische Friedensnobelpreisträger und ehemalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow ist tot. Er starb am Dienstagabend im Alter von 91 Jahren nach schwerer und langer Krankheit, wie das Zentrale klinische Krankenhaus in Moskau mitteilte. Vor allem Politiker im Ausland würdigten Gorbatschow als Staatsmann von Weltrang, der den Kalten Krieg beendete und Millionen Menschen die Freiheit gab.

Nach dem Tod des letzten Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, haben zahlreiche internationale Politiker und Politikerinnen ihr Beileid ausgedrückt und ihn ausführlich gewürdigt.

Mehr dazu in ORF.at - Weltweite Trauer um Michail Gorbatschow

Von der Reform zum Zerfall der Sowjetunion

Im Jahr 2015, 30 Jahre, nachdem Michail Gorbatschow am 11. März 1985 zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) gewählt wurde, zeichnete Ö1 Redakteurin Brigitte Voykowitsch im Radiokolleg den Zerfall der Sowjetunion in einer vierteiligen Serie nach. Bereits gegen Ende seines ersten Amtsjahres führte Gorbatschow die Konzepte Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umstrukturierung) ein. Gorbatschow wollte die Sowjetunion von Grund auf reformieren, die Auflösung des Reiches hatte er nicht im Sinn. "So kann es nicht weitergehen", beschrieb Gorbatschow in einem seiner Bücher seine damalige Überzeugung. Russland habe zu viel Zeit verspielt und falle wirtschaftlich und strukturell immer weiter zurück, während der Westen in eine neue technologische Epoche eintritt. Russlands hoch gebildete Gesellschaft dagegen "ersticke im totalitären System" so Gorbatschow. Er wollte nach eigenen Worten mehr Demokratie und mehr Sozialismus bringen.

Michail Gorbatschow

AP/BORIS YURCHENKO

Glasnost führte dazu, dass die scharfen Debatten im Volksdeputiertenkongress live im Fernsehen übertragen wurden, Regimekritiker kamen frei, friedliche Demonstrationen wurden möglich. Die neue Freiheit führte aber auch zum Wunsch zahlreicher Sowjetrepubliken, die Vorherrschaft Moskaus abzuschütteln. Dafür, dass ihm die Entwicklung entglitt, machte Gorbatschow in jüngster Zeit immer öfter den Westen verantwortlich. Nirgendwo im Westen habe er damals echte Partner gefunden, keiner habe wohl verstanden, welche Risiken er damals mit "Glasnost und Perestroika" auf sich genommen habe. Auf den Zerfall der Sowjetunion, den der jetzige Präsident Wladimir Putin als die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet, folgten wirtschaftliches Chaos und interne Turbulenzen. Putin gelang es - auch dank der Anfang der 2000er Jahre hohen Rohstoffpreise, das Land wieder zu stabilisieren, allerdings auf autoritärem Weg. In Russland begannen nach 1991 auch wieder die alten Debatten über die Identität des Landes, wohin man gehöre, wie sich Russland kulturell und politisch definieren solle - eine Entwicklung, die, wie wir heute wissen, im Ukraine-Krieg gipfelte.

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Betrifft: Geschichte

Bereits 2011, zum 80. Geburtstag Michail Gorbatschows, blickte der Politologe Dieter Segert vom Institut für Politikwissenschaften der Universität Wien auf Glasnost und Perestroika zurück.

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