Katharina Lorenz und Itay Tiran, "Das weite Land"

MATTHIAS HORN

Barbara Frey inszeniert

"Das weite Land" am Burgtheater

Das Burgtheater eröffnet mit Schnitzlers Drama "Das weite Land" seine neue Spielsaison. Die Schweizer Regisseurin und Ex-Direktorin des Zürcher Schauspielhauses Barbara Frey, die das Stück als Koproduktion heuer auch bei der von ihr geleiteten Ruhrtriennale gezeigt hat, inszeniert. Als Hofreiter ist Michael Maertens zu sehen, seine Frau Genia wird von Katharina Lorenz gespielt.

Die Seele ist, man weiß es längst, ein weites Land.

"Dieses weite Land ist so weit, dass es eigentlich gar nicht vermessen werden kann", sagt Regisseurin Barbara Frey, der es weniger um die psychologische Vermessung der Seelenlandschaft geht, als vielmehr um das Sezieren einer ganzen Gesellschaft.

Sie strafft, kürzt und kühlt das Stück herunter, verzichtet auf Verzierungen, Gesten und den Schnitzler‘schen Tonfall - und legt Schicht für Schicht eine Gemeinschaft frei, die von Argwohn und Misstrauen geprägt ist.

Über- & Unterkommunikation

"Was die Leute verbindet, ist ihr gegenseitiges Misstrauen - und das hat viel mit dem Heute zu tun", so Barbara Frey. "Wir sind auf einer Weise in einem Zustand der Überkommunikation, weil wir unsere Tools 24 Stunden am Laufen haben. Gleichzeitig haben wir eine Unterkommunikation, weil wir nicht mehr vernünftig miteinander reden können und uns auch nicht zuhören. Das ist für mich der Kern des Stückes und im negativen Sinne das Herausragende unserer Gesellschaft."

Michael Maertens spielt den Glühbirnen Fabrikanten Hofreiter, der seine Frau Genia (Katharina Lorenz) betrügt und von ihr betrogen wird. Ein Mann, der mit dem Tod liebäugelt und mit dem Alter hadert.

Tod der Kunst

"Es ist der Niedergang eines Mannes, der alles hatte und der zu Beginn des Stückes in eine tiefe Skepsis verfällt und diese Skepsis steigert sich zur Paranoia. In der Figur des Hofreiters scheint auch Don Juan also auch der Don Giovanni auf, der die Frauen konsumiert, um den Tod zu vertreiben. Es gibt ganz viele Szenen, wo der Hofreiter vom Tod spricht, und sein eigener möglicher Selbstmord wabert durch das ganze Stück."

Der Selbstmord des Pianisten Korsakov zu Beginn steht für Barbara Frey symbolisch auch für den Tod der Kunst, an der diese Gesellschaft kein Interesse zeigt, das tödliche Duell am Ende für eine ausgelöschte junge Generation.

Ein Kammerspiel

Ein wenig wie aus der Vogelperspektive darf auch der Zuschauer auf dieses konzentrierte und etwas statische Kammerspiel blicken; bei der Ruhrtriennale vor zwei Wochen wurde vor allem das Ensemble bejubelt - unter anderem Branko Samarovski, Itay Tiran, Dorothee Hartinger oder Bibiana Beglau, die neben dem Direktor Aigner auch dessen Exfrau spielt.

… ob ich hier noch dringend benötigt werde?

"Kurier"-Gerüchten zufolge soll Maertens nächstes Jahr dringend in Salzburg benötigt werden - als neuer Jedermann. Bestätigt wurde das noch nicht, sicher ist, dass die in Salzburg gezeigte Koproduktion "Ingolstadt" schon am Sonntag auf die heutige Akademietheaterpremiere von "Das weite Land" folgt.

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