Katalin Ladik

ATTILA SZERVAC/CC BY-SA 4.0

Radiokolleg | 12 09 2022

Positionen in der Kunst: Katalin Ladik

Vor rund zehn Jahren hatten westliche Kinogänger vermutlich zum ersten Mal die Chance, einen Eindruck von der Stimmgewalt und der performativen Eindringlichkeit der Soundkünstlerin Katalin Ladik zu bekommen: In dem Film "Berberian Sound Studio" des britischen Regisseurs Peter Strickland, in dem es um Toneffekte in Horrorfilmen geht, hat sie einen Cameo-Auftritt, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Eine Art anschwellender Hexengesang, der sich in die höchsten Höhen des akustischen Wahnsinns schraubt, bis die Lautstärkeregler auf Red Alert stehen.
Die extreme Kunst der Katalin Ladik, die für Uneingeweihte aus dem Nichts zu kommen schien, hat in Wahrheit eine lange Tradition und ist gut bekannt; allerdings nicht im Westen, sondern in den ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten, wo die Künstlerin einen Großteil ihres Lebens verbracht hat.

Geboren wurde sie 1942 in Novi Sad als Teil der ungarischsprachigen Minderheit. Bereits in ihren frühen Zwanzigern, als sie noch als Bankangestellte arbeitete, schrieb und publizierte sie Lyrik, häufig erotischen Inhalts. Kurz darauf begann sie in Theater- und Performancezusammenhängen, ihre einzigartige und unvergleichbare Kunst der Laute und Gesten zu entwickeln. Ihre vokalen Kompositionen, oft auf graphischen Partituren notiert, drehen sich um die grundlegende Natur von Tönen und Klängen: Sprache wird ihrer Bedeutung entkleidet und in einzelne Phoneme zerlegt, um die urtümlichen, chthonischen, instinktiven Aspekte der Artikulation und des Sprechens bloßzulegen und den Dominanzanspruch von Sprachhierarchien und bürokratischen Ausdrucksweisen zu unterminieren - eine ästhetische Strategie, die manchmal ein wenig an die besser bekannte Diamanda Galas erinnert.

In dem Performance-Stück "Vabljene" (1970) führte Katalin Ladik, nur von einem losen Bärenfell bedeckt, ein schamanistisches Lautgedicht mit einem traditionellen ungarischen Dudelsack auf - eine Aktion, die patriarchale Blickregime und Ideologeme kritisierte und ihr im puritanischen Osten viel Ärger eintrug. Der zweifelhafte Titel "die nackte Performerin" ist unmittelbares Resultat dieser Performance. Das ästhetische Universum der Künstlerin hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter ausgedehnt: Sie operiert souverän und gattungsresistent zwischen visueller Poesie, Mail Art, Hörspiel, Collage, Fotografie, Film und experimenteller Musik und geht bis heute gerne an die Grenzen und manchmal auch darüber hinaus.

Gestaltung: Thomas Miessgang

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