Lukas Beck

FRANZI KREIS

Gedanken

Lukas Beck: Es ist der Blick

Der Lichtbildner Lukas Beck über die Qualität der Zeitlosigkeit und die Faszination für ikonische Fotografien.

Alles begann mit einer Erlösung. 14 Jahre, Gymnasiast, schlechte Noten, Scheidung daheim, Pubertät, kein besonderer Kicker, nirgendwo wirklich gut, Selbstbewusstsein gegen null - und dann plötzlich ein aufkeimendes Interesse für die Fotografie, die erste Kamera vom Christkind, der Fotokurs in der Schule, die Dunkelkammer als Rückzugsort, Mädchen, die mit einer glaubhaften Begründung angesehen, ja sogar angesprochen werden können. Die Fotografie hat über Nacht mein Leben verändert.

Fortan war die Schule nur mehr Nebenerwerb und ich Tag und Nacht mit meiner neu gefundenen Leidenschaft beschäftigt. Fachliteratur lese ich freiwillig, Ideen für Fotoserien ziehe ich konsequent durch, inklusive Ausstellungen in Bankfilialen in der Umgebung bis hin zum Carinthischen Sommer, wo mir doch tatsächlich ein Bild aus der Ausstellung gestohlen wurde, auf dessen zufällige Wiederfindung ich seit Jahrzehnten warte.

Mit dem "Hrdlicka-Pferd" nach Rom

Über Nacht war ich der Fotograf. Ich hatte eine Identität und mit der Zeit sogar einen Ruf in der Schule. Den Fotokurs durfte ich übernehmen, der Schlüssel zur Dunkelkammer war somit meiner - und mit dem neu gewonnenen Selbstvertrauen wuchs auch der Freundeskreis. Gemeinsam gründeten wir die "Schüler gegen Antisemitismus" agitierten in verschiedenen Schulen, ich trat im "Club 2" über den Film Shoah von Claude Lanzmann auf, und wir brachten das "Hrdlicka-Pferd" nach Rom. Die Bilder, die ich damals schoss, waren meine ersten im Wiener, in der Zeit, und spielten zuletzt in Ruth Beckermanns "Waldheims Walzer" eine Rolle.

"Super, endlich was anderes. Magst du ein Buch über uns machen?", sprach Willi Resetarits 1990 beim Anblick von ein paar Lichtbildern, die ich für einen "Chefhead" (= treuer Ostbahn-Fan) gemacht hatte, und gab damit den Startschuss für eine jahrzehntelange Zusammenarbeit, Freundschaft und auch für meine fotografische Karriere. Ich konnte meiner Freude kaum Ausdruck verleihen und war fortan der Bildgeber der Figur Kurt Ostbahn.

Ostbahn-Kurti

Ostbahn-Kurti

LUKAS BECK

Ruhig mit Bestand

Es folgte das legendäre Buch "Ostbahn-Kurti und die Chefpartie", und mit dem Bild von Willi Resetarits vor den 13.000 Fans am Ostbahn-XI-Platz eine Ikone. Ein zeitloses Lichtbild, auf Poster, Becher und Leiberln gedruckt, das das Selbstverständnis der Kultfigur Kurt Ostbahn auf den Punkt bringt.

"Bilder, die nichts wollen, ruhig daherkommen, aber noch nach Jahren Bestand haben", so sagte es einmal Josef Hader. Und genau das ist es, was ich erreichen will. Eigene Bücher nach Jahren wieder durchzusehen kann zum Härtetest werden. Was hat gehalten? Wo ist Scham angebracht? Die wesentliche Substanz für ein Porträt kommt aus dem Blick, ist eine Mischung aus Psychologie und dem Moment.

Josef Hader

Josef Hader

LUKAS BECK

Die Gabe, perfekt unperfekt zu sein

Ein schönes Lichtbild vermittelt Herzenswärme und kann dabei ganz trocken sein. Wie in allen Sparten der Kunst steckt der Gehalt nicht im Vordergründigen, sondern in der Gabe, perfekt unperfekt zu sein.

Maria-Theresien-Platz

LUKAS BECK

Mein unverschulter Zugang wurde mir einst zum Türöffner, und mit dem ersten Corona-Lockdown versuchte ich einen Paradigmenwechsel in meiner Arbeit. Sonnige, auflichtige und mittels Parallelverschiebung des Objektivs verzerrungsfrei angefertigte Bilder zeigen den Ausnahmezustand der Stadt Wien in der Pandemie, aber vor allem, wie einzelne Menschen damit umgingen.

Text: Lukas Beck