ORF/JOSEPH SCHIMMER
Zum 80. Geburtstag
Die vielen Talente des Komponisten HK Gruber
HK Gruber entzieht sich jeder Einordnung: Ein Österreicher, der international große Erfolge feiert, ein Dirigent, der auch als Chansonnier reüssiert, ein Komponist, der sich stilistisch zwischen allen Sprachen gekonnt bewegt, und dabei seine ganz charakteristische gefunden hat.
29. Februar 2024, 15:29
In einem Interview meinte „Nali“ Gruber: „Alle diese Versuche, mich einzuordnen, sind Krücken, die nicht wirklich ins Schwarze treffen. Ich habe mich nie als ,neo‘ verstanden, sondern immer als das, was ich gerade bin und erreichen möchte. (...) ich brauche die Tonalität zur Orientierung, und außerdem hat sie einen großen Vorteil: Sie wird weltweit verstanden (…).“
Verstanden zu werden, ist ihm auch als Chansonnier wichtig, denn nichts scheint ihm unbefriedigender, als wenn das Publikum den Text nicht versteht. Als solcher hat er seine eigenen Werke interpretiert und auch zahlreiche Kompositionen von Hanns Eisler und Kurt Weill (legendär die Dreigroschenoper mit Max Raabe, Nina Hagen, dem Ensemble Modern u.a.), denen er damit zu neuer Popularität verholfen hat. Genauso fühlt er sich auch in Arnold Schönbergs Pierrot Lunaire oder Eight Songs for a Mad King von Maxwell Davies musikalisch zuhause, wie man auf zahlreichen Einspielungen nachhören kann. Als Kontrabassist wirkte er von 1969 bis1995 im ORF Radio-Symphonieorchester mit.
Grubers enge Beziehung zur Sprache, vor allem zum österreichischen Idiom schlägt sich auch in seinen Kompositionen mit besonders originellen Textvorlagen nieder: Gloria von Jaxtberg nach einer Schweinegeschichte von Rudolf Herfurtner, die Oper Geschichten aus dem Wienerwald nach Ödön von Horvath (Uraufführung, 2014, Bregenzer Festspiele) oder der herr nordwind (Uraufführung, 2005, Zürich) auf ein Libretto von H.C. Artmann.
Gruber hat sich noch nie den Mund verbieten lassen, und ergänzt mit leichter Ironie: „Ich kann mich erst einordnen lassen, wenn ich den Löffel abgebe. Dann kann man ja versuchen einzuordnen, sollte das Einordnen dann immer noch wichtig sein.“
APA/DIETMAR STIPLOVSEK
Große Aufträge erhielt HK Gruber, Träger des Großen Österreichischen Staatspreises für Musik, vor allem im Ausland: Von 2009 bis 2015 war er Composer/Conductor beim BBC Philharmonic Orchestra und 2019/20 hatte HK „Nali“ Gruber die ehrenvolle Aufgabe des Gewandhauskomponisten in Leipzig übertragen bekommen. Schlagartig bekannt gemacht als Komponist hat ihn sein Erfolgsstück Frankenstein!! auf Texte von H.C. Artmann im Jahr 1978, in dem er selbst als prononcierter, sprechsingender Interpret unzählige Male mitwirkte. Im Auftrag renommierter Orchester wie den Wiener und Berliner Philharmonikern oder dem New York Philharmonic Orchestra komponierte Gruber Werke, die er bei Festivals wie dem Lucerne Festival, den BBC Proms oder in der New Yorker Carnegie Hall zumeist unter seinem eigenen Dirigat interpretierte: darunter ein Klavierkonzert für Emanuel Ax und ein Cellokonzert für Yo-Yo Ma.
Grubers Kompositionen zählen zu den meistgespielten zeitgenössischen Werken, was wohl seiner nicht einordenbaren, überaus individuellen Sprache zuzuschreiben ist. Seine Musik ist stets offen für Einflüsse anderer Genres wie Pop oder Kabarettsongs, stilistischer Motive aus vergangener Epochen oder von Komponisten wie Igor Strawinsky oder Kurt Weill. Doch eines ist sicher: sein untrügliches Gespür für bühnentaugliche Musik, die das Publikum emotional packt, versehen mit etwas Humor und Ironie machen seine Stücke unverwechselbar. Am 3. Jänner 2023 wird HK „Nali“ Gruber 80 Jahre alt.
Gestaltung
- Marie-Therese Rudolph