Gartenbauschule für Frauen von Yella Hertzka

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Opus

Yella Hertzka, Verlegerin des 20. Jahrhunderts

Anlässlich ihres 150. Geburtstags widmet sich "Opus" der Verlegerin und Pazifistin Yella Hertzka und würdigt ihre Verdienste um Frieden, Menschenrechte und die Gleichberechtigung der Frauen.

Was wäre Österreichs Musikleben ohne Yella Hertzka? Sie war es, als Ehefrau des Musikverlegers Emil Hertzka und als dessen Nachfolgerin, die das Musikleben bis 1938 in Wien zelebrierte. Die mit ihrer Auswahl für die Förderung durch den Verlag enorme Kenntnis von Qualität bewies. Die mit ihrer Gartenkunst die Feste für die intellektuelle Elite, für die Komponisten Österreichs und Europas, in der Villenkolonie Kaasgraben in Wiens 19. Bezirk inszenierte.

Yella Hertzka

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Yella Hertzka

Es war ihre Idee, die Künstler- und Gelehrtenkolonie auf ihrem Grund erbauen zu lassen, diese Villen zur Verfügung zu stellen, auch einer Komponistin, Maria Hofer - von der Kritik als "große, ernste Künstlerin" beschrieben -, das Gartenhaus mit einer Orgel. Hertzka, die, nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes aus der Vertreibung aus London zurückgekehrt, den Verlag aus den Händen der Ariseure für Österreich rettete.

"Eine sehr zupackende Frau"

Und trotzdem: Wer war Yella Hertzka? Im Spiegel der männlichen Zeitgenossen und Nachgeborenen war sie "eine sehr zupackende Frau", wie Ernst Krenek schreibt, "mit gewissen männlichen Eigenschaften, geschäftstüchtig, obgleich etwas konfus, betont feministisch eingestellt und für alle fortschrittlich erscheinenden Ideen offen". Die Begrüßung mit Kuss soll Zeitgenossinnen irritiert haben.

Man könne nicht viel über sie sagen und sei sich doch sicher, dass sie, die einst im Stadttempel Emil Hertzka geheiratet hatte, nicht nur Mentorin war, sondern ein lesbisches Verhältnis eingegangen sei. Derartige (vor-)schnelle Beschreibungen verdrängen die enormen Leistungen für das Musikleben, für die Friedensbewegung und die Frauenbildung, die Historikerinnen wie Corinna Oesch sorgsam aus Dokumenten herausgelesen haben.

Villenkolonie am Kaasgraben

Porträtfotos zeigen eine elegante Dame, den Blick aus dem Bild hinaus gerichtet, die zarte Hand ans Kinn gelegt. Auf Nachfrage anlässlich der großen Komponistinnen-Ausstellung in Schönbrunn 2018 fanden sich an ihrer Wirkungsstätte im Haus der Universal-Edition am Wiener Karlsplatz keine Objekte von ihr: kein Brillenetui, kein Schreibgerät, kein Hut - einzige Ausnahme: Briefe. Auch nicht das Auto, mit dem sie, chauffiert von Maria Hofer, Ausfahrten unternahm. Und doch: Da ist die silberne Standuhr - ein Werk Josef Hoffmanns, schon einmal erfolglos einem Auktionshaus angeboten, bislang unverkäuflich -, die in der Gravur anno 1913 den Dank der Villenbewohner Egon Wellesz, Hugo Botstiber und anderer an die Pionierin ausdrückt.

Yella Hertzka nachgehen: die Villenkolonie am Kaasgraben, als "Abstiegsquartier für unsere Freunde" geplant, ein Architekturdenkmal, erbaut vom einst großen Josef Hoffmann, in dem sich nicht nur Wellesz, sondern auch der Burgtheater-Direktor Robert Michel oder der Ökonom Peter Drucker entfalten konnten. Nur in den Erinnerungen der komponierenden Zeitgenoss:innen wie auch der Gäste aus dem Wissenschafts- und Kulturleben sind die Feste im Garten der Gartenbauschule bewahrt. Von dieser Schule, die Yella Hertzka begründet hatte und die sie leitete, in der junge Frauen auf ökologischen Landbau, auf Kleintierzucht und auch auf ein Leben in Palästina vorbereitet werden sollten, bleiben noch Fotos der arbeitenden jungen Gärtnerinnen. Sie wurde auch Zufluchtsstätte für verfolgte Jüdinnen.

Gartenbauschule für Mädchen im Kaasgraben

Gartenbauschule für Mädchen im Kaasgraben

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Gartenbauschule

Ach ja, auch das Haus Gymnasiumstraße 79 existiert noch, eine von Efeu bewachsene Villa, heute mit dem Türschild "Hans-Kelsen-Institut". Hier bestand die von Yella Hertzka gemeinsam mit Salome Goldman begründete Schule, das Cottage-Lyzeum. Hertzka hatte den Grund zur Verfügung gestellt, auf den die Schule 1905 übersiedelte, zwei Jahre nach ihrer Gründung.

Sie war ansteckend - verführte die klugen Zeitgenossinnen zur Mitarbeit und zur Verbündung, mit den Zielen Frieden, Menschenrechte und Frauengleichberechtigung. Die Frauen hatten in ihren Arbeitsbereichen als Geldgeberinnen und Gastgeberinnen, als Rednerinnen und Abgeordnete zu den Friedenskongressen einen hohen Anteil am Erfolg ihrer Unternehmungen. Zwar mit dem Namen eines Parks in der Seestadt Aspern geehrt, ist Hertzka doch aus dem Kanon und der Erzählung der österreichischen Geschichte herausgefallen. Weder in ihrer Funktion als Direktorin des Verlags noch der Gartenbauschule gewürdigt, lagen ihre Verdienste außerhalb der anerkannten Funktionen des politischen Lebens.

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