ORF Landesstudio Niederösterreich

APA/ROLAND SCHLAGER

Rücktritt von Landesdirektor Ziegler

Schwarzes Ende einer ORF-Karriere

Der Landesdirektor des ORF Niederösterreich, Robert Ziegler, hat mit seinem Rücktritt die Konsequenzen aus den Vorwürfen gezogen, er sei als Chefredakteur des Landesstudios zu nah an der ÖVP dran gewesen und habe systematisch freundliche Berichte für die Landeshauptfrau-Partei erwirkt. Ziegler ist mit seinem - im ORF beispiellosen - Schritt einer wahrscheinlichen Absetzung zuvorgekommen.

Robert Ziegler

ORF/ROMAN ZACH-KIESLING

Robert Ziegler

Der Ziegler-Bericht ist fertig und geht jetzt an den ORF-Generaldirektor. Roland Weißmann hat die wesentlichen Informationen dem Vernehmen nach vorab von Gerhard Draxler, dem Vorsitzenden der Evaluierungskommission, erhalten und das Gespräch mit Ziegler gesucht. Der Rücktritt des Landesdirektors war das Ergebnis. Die Vorwürfe, die im Dezember von "Standard", "Presse" und "Der Spiegel" veröffentlicht worden sind, haben sich durch die Aussagen vor der Kommission mehr als erhärtet, heißt es. Weißmann hat Ziegler wohl klargemacht, dass er unter diesen Umständen in dem Direktoren-Job nicht mehr haltbar ist.

"Das Band des Vertrauens ist gerissen"

Robert Ziegler selbst begründet seinen Rücktritt in einem Statement so: "Das Band des Vertrauens ist gerissen – einer Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mir gegenüber und umgekehrt. Und ich muss zur Kenntnis nehmen, dass manche der Ansicht sind, dass dieses Vertrauen nicht wiederhergestellt werden kann. Dabei hat mich besonders geschmerzt, wie die Vorwürfe öffentlich gemacht wurden – anonym über mehrere Zeitungen." Die Einsicht, dass er der Glaubwürdigkeit des ORF durch seine Verbinder-Dienste zur ÖVP Schaden zugefügt hat, soll sich auch in den zwei Auftritten Zieglers vor der Kommission in Grenzen gehalten haben.

Bedeutung weit über Niederösterreich hinaus

Ziegler, Weißmann und auch Kommissions-Vorsitzender Draxler wollten am Tag des Rücktritts kein Interview geben. Wie wichtig die Arbeit und die Ergebnisse der Kommission sind, daran hat Draxler im Interview mit #doublecheck im Jänner keinen Zweifel gelassen: "Es schadet dem ORF ungemein, wenn das Vertrauen in der Öffentlichkeit nicht mehr gegeben ist bzw. permanent durch welche Aktionen auch immer unterminiert wird. Und wenn öffentlich wird und wenn offenkundig wird, was ohnedies viele vermuten, dass der ORF am Gängelband der Politik hängt, dann schadet das dem ORF."

Weißmann lobt Kommission als "Best Practice"

ORF-Chef Roland Weißmann hat die Arbeit der (unmittelbar nach Veröffentlichung der Vorwürfe gegen Ziegler von ihm eingesetzten) Evaluierungs-Kommission ausdrücklich gewürdigt. Ob der Kommissions-Bericht veröffentlicht wird, sei noch offen, heißt es in der Generaldirektion. Genau 51 Personen sind befragt worden, das sei "unbeeinflusst und gewissenhaft in einer herausfordernden Situation" geschehen. Und Weißmann weiter: "Dies ist ein Best-Practice-Beispiel dafür, wie schweren Vorwürfen ergebnisoffen auf den Grund gegangen werden kann."

Neben dem Vorsitzenden Draxler gehörten der Kommission an: der emeritierte Universitäts-Professor für Zivilrecht, Martin Schauer, der Direktor des ORF-Landesstudios Wien, Edgar Weinzettl, die ORF-Compliance-Beauftragte Pia Scheck-Kollmann und die ORF-Personaljuristin Elma Osmanovic sowie die Mitglieder des ORF-Ethikrats, Ö1-Journale-Chefin Gabi Waldner und Report-Chef Wolfgang Wagner.

Offene Fragen um Veröffentlichung des Berichts

Spannend wird jetzt, ob und in welcher Form der Bericht der Kommission veröffentlicht wird. Da geht es ja um vertrauliche Aussagen, mit denen man sorgsam umgehen muss. Andererseits besteht ein großes und legitimes Interesse der Öffentlichkeit an den Ergebnissen - und ein hoher Erwartungsdruck der Medien. Letztlich wird der Bericht wohl ohnehin an die Öffentlichkeit gelangen: Der Stiftungsrat wird ihn haben wollen, und den Mitgliedern des ORF-Aufsichtsgremiums kann das Management schwer vorschreiben, wie sie mit dem Bericht umgehen sollen.

Wahrscheinliche Absetzung wurde vermieden

Der Vorsitzende des ORF-Redaktionsrats, Dieter Bornemann, begrüßte den Rücktritt. "Die Redaktions-Vertretung hat ja bereits im Dezember gefordert, dass es eine Suspendierung des Landesdirektors geben muss. Wir sind jetzt natürlich sehr erleichtert, dass es zu einem Neustart im Landesstudio unter einer neuen Führung kommen kann." Und Bornemann weiter: "Mit seinem Rücktritt kommt Ziegler wohl einer Amtsenthebung zuvor. Er hat damit sich, Generaldirektor Weißmann und auch dem Stiftungsrat erspart, dass er in seiner Funktion als Landesdirektor abgesetzt werden muss."

ÖVP-Mehrheit wäre auf die Probe gestellt worden

Ziegler ist vom Stiftungsrat auf Vorschlag von Weißmann bestellt worden und hätte nur von diesem Gremium abgesetzt werden können. Dem hätte der ÖVP-Freundeskreis zustimmen müssen, der im ORF-Aufsichtsgremium über die absolute Mehrheit verfügt. Vor dem Hintergrund der Vorwürfe gegen Ziegler und dessen vielfach dokumentierter ÖVP-Nähe wäre das ein besonderer Kraftakt mit einigen Unwägbarkeiten geworden.

Und wie geht es jetzt weiter nach dem Super-GAU?

Besonders spannend wird, wie es jetzt im Landesstudio weitergeht. Wer die Führung dort übernimmt, wie er oder sie die Rolle nach dem Super-GAU mit Ziegler anlegen wird, welche neuen Maßstäbe gesetzt werden - und wie das den politischen Akteuren dort vermittelt wird. Im besten Fall erfüllt sich die Hoffnung, die Kommissions-Vorsitzender Gerhard Draxler im #doublecheck-Interview vom Jänner geäußert hat: "Insofern könnte das Ergebnis dieser Evaluierungs-Kommission schon dazu beitragen, dass auch in anderen Landesstudios und in anderen politischen Lokal-Einheiten es sichtbar wird und bewusster wird, wie mit dem ORF umzugehen ist und wie der ORF und die Journalisten im ORF mit sich selber umgehen."

Ziegler will im ORF bleiben, Nachfolge im März

Ziegler hat einen Urlaub angetreten und will mit Generaldirektor Weißmann dann "die weiteren Schritte seiner beruflichen Tätigkeit klären". Der Ex-Landesdirektor will also im Unternehmen verbleiben. Wie weit die arbeitsrechtlichen Aspekte von Vorwürfen gegen seine Person geklärt werden müssen und ob das passieren wird, ist offen. Interimistisch übernimmt Radiodirektorin Ingrid Thurnher die Leitung des Landesstudios. Die Nachfolge Zieglers könnte dann in der Plenarsitzung des ORF-Stiftungsrats im März entschieden werden.

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