Martin Kusej

APA/ROBERT JAEGER

Burgtheater

Kusejs letzte Saison

Unter dem Motto "Aufwachen bevor es wieder finster wird" hat im Wiener Burgtheater Martin Kusej sein letztes Programm vorgestellt und nach vor wie zurückgeblickt.

Handke und Bernhard, Moliere und Shakespeare, Goethe und Büchner, Ibsen und Kafka - alle sind sie da; Martin Kusej holt in seinem letzten Spielplan zum kraftvollen Schlag aus, bündelt vor dem Gehen noch einmal alle Kräfte und zeigt, was er kann. "Ich möchte nicht sagen, dass ich hier mit einem ‚Wumms‘ aufhören möchte, denn hätte es nicht drei Jahre Pandemie gegeben, hätte der Spielplan auch vorher anders ausgesehen."

Martin Kusej im Gespräch über gewonnene Freiheit, Jauchengruben und menschliche Abgründe

Die Erschütterungen des letzten Jahres, allen voran die, so Kusej, "dilettantische Suche nach einer Nachfolge" und die Causa Teichtmeister seien aber nicht spurlos an ihm vorübergegangen, und er habe in menschliche Abgründe geblickt: "Insbesondere durch diverse Attacken der Identitären und von rechtsradialen Gruppen, die unser Haus beschimpft, bespuckt und beschmiert haben. Wir haben damals nicht in der Öffentlichkeit davon gesprochen, weil wir nicht noch stärker in die Schlagzeilen kommen wollten, aber für mich ist da klar geworden, dass wir politisch ein klares und eindeutiges Zeichen setzen müssen, und dass wir uns absolut und in jeder Sekunde und mit jeder Wortmeldung gegen jede rechts gerichtete Politik aussprechen werden."

Regieberserker trifft Skandalstück

Barbara Frey startet im Herbst die Saison mit Shakespeares "Sommernachtstraum", Johan Simons zeigt "Dantons Tod", und frei nach dem Motto "Regieberserker trifft Skandalstück" nimmt sich Frank Castorf Thomas Bernhards "Heldenplatz" vor. Das Stück kehrt damit nach 35 Jahren an den Ort zurück, wo es 1988 von Peymann inszeniert, den größten Theaterskandal der österreichischen Geschichte entfachte.

Kusej selbst wird zwei Stücke inszenieren - Tennessee Williams "Orpheus steigt herab" und Molieres "Menschenfeind". "Martin Zehetgruber hat ein wunderbares Bühnenbild entworfen, ein Spiegelsaal mit einem glänzenden glatten Parkett und drunter ist eine Jauchengrube - und in die wird der eine oder andere im Laufe des Stückes auch hineinfallen."

Am Ende Höchstform

Thorleifur Örn Arnarsson kann endlich den langversprochenen "Peer Gynt" inszenieren, und Mateja Koleznik nimmt sich das Stück "Der einsame Westen" von Martin McDonagh vor - dem Regisseur und Autor des Oscar-nominierten Dramas "The Banshees of Inisherin". Noch bevor er erfolgreicher Filmemacher war, schrieb er mit der Leenane-Trilogie (1996 bis 1997) drei Stücke, in denen er irische Dorfleute in seiner unverwechselbaren Sprache über Themen wie Zugehörigkeit, Freundschaft, Fernweh und Einsamkeit sinnieren lässt.

Kusej: "Matea Koleznik hat schon einige Stücke von Martin McDonagh in Slowenien inszeniert, das wird sicher ein sehr schwarzer, böser Humor."

Noch einmal lässt Kusej im letzten Jahr Regisseurinnen und Regisseure aufmarschieren, die in seiner Ära das Profil des Hauses geprägt haben - Daniel Kramer, Johan Simons, Lucia Bihler, Ulrich Rasche, oder Herbert Fritsch. Letzterer wird als Abschluss ein Stück über den Zentralfriedhof entwickeln - und damit quasi als lustiger Totengräber die Ära Kusej am Burgtheater zuschaufeln. Eine Ära, die beflügelt durch politische Herausforderungen, am Ende angriffig und unbequem zur Höchstform aufläuft.

Gestaltung