Wasserstrudel mit Kompass

DYNAMOWIEN/FLORIAN JUNGWIRTH

Schwerpunkt

Im Fluss: die Donau ostwärts

Im Rahmen des Ö1 Schwerpunkts (17.-25. Juni) befassen sich mehrere Sendungen mit Verbindendem in oft vergessenen Regionen Osteuropas entlang der Donau.

Donau heißt sie gute 1.000 Kilometer lang, wenn sie durch Deutschland und Österreich fließt. Ostwärts aber geht es noch um die 1.850 Kilometer weiter, und da mäandert sie immer breiter werdend als Duna, Dunav und Dunarea in das sumpfige Delta zum Schwarzen Meer hin.

"Die Donau ostwärts" reist das "Radiokolleg", immer auf der Suche nach wenig bekannten und dennoch erzählenswerten Geschichten. Und sucht dabei ab Petrzalka das ethnische Miteinander und das Verbindende in den Vordergrund zu stellen und oft vergessene Regionen wieder ins Gedächtnis zu rufen. Denn bis heute findet man lebendige Geschichte, die uns daran erinnert, dass viele Regionen an der Donau einmal sehr nah waren.

Multiethnischer Alltag

Nach den Verheerungen durch die osmanischen Truppen wurden ganze Landstriche neu besiedelt. Viele Migrant:innen erreichten ihre neue Heimat über die Donau. So taten es Tausende Deutschsprachige in den sogenannten Ulmer Schachteln, landeten unter anderem in der multiethnischen Stadt Baja in der ungarischen Batschka, im durch den Kroatien-Krieg bekannten Vukovar, das einmal zur Hälfte von Deutschsprachigen bewohnt war, oder in Orschowa nahe dem Eisernen Tor im Banat. Und nicht nur sie: Das multiethnische Miteinander ist seit Jahrhunderten Alltag. Zehn, 20 und mehr Minderheiten fanden und finden sich zum Teil bis heute in den Ortschaften: Seien es Bunjewatzen, eine kroatische Minderheit in Ungarn, Tschechen in Rumänien, seien es Lipowaner, altgläubige orthodoxe Christen, im Donaudelta.

Der akustische Streifzug entlang der Donau führt durch die Jahrhunderte: Man erfährt von der neolithischen Vucedol-Kultur, dem uralten Handelsweg am Wasser, der Bedeutung der Schlacht von Mohacs für Europa oder der alten walachischen Stadt Braila, einer untertunnelten Stadt mit 13 ethnischen Gruppen, die 300 Jahre lang unter osmanischer Herrschaft blieb und heute im Schatten der bekannteren Orte im Donaudelta steht.

Geschehnisse im 20. Jahrhundert

Die Donaureise wirft auch Schlaglichter auf Geschehnisse im 20. Jahrhundert: auf das Massaker in Novi Sad, 1942 begangen von ungarischen Truppen, wie die Leichen der Jüdinnen und Juden sowie Serb:innen in die winterkalte Donau warfen, das Arbeitslager der Nationalsozialisten für jüdische Ungar:innen gleich hinter der österreichischen Grenze in der Engerau oder das Vernichtungslager der bulgarischen kommunistischen Partei, das erst 1989 endgültig geschlossen wurde.

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Dunaujvaros Ungarns erste sozialistische Planstadt aus dem Boden gestampft; eine Vorzeigestadt, die gegründet wurde, um Stahl an der Donau zu produzieren. Seit sich der Eiserne Vorhang gehoben hat, findet sich Verbindendes: das Ring Ring Festival in Belgrad, das seit mehr als 25 Jahren Musiker:innen des experimentellen Genres vernetzen und promoten möchte, oder Initiativen, die sich dem Schutz der Natur verschrieben haben - wie die NGO Sveti Dunav. Sie wehrt sich gegen die Verbauung einer geschützten Aulandschaft in Novi Sad.

Umweltschutz

Dann gibt es Aktivist:innen, die gegen die Plastikflut mobil machen, die an der Donau anlandet. Oder die den Schutz des fragilen Ökosystems im bulgarischen Persina-Naturpark in den Mittelpunkt stellen, ein Kleinod mit einer Vielzahl an Inseln und ein Paradies für Ornitholog:innen.

Bis heute stehen vielerorts Profit und Ignoranz über dem Umweltgedanken. Auch im Biosphärenreservat Donaudelta, das die Unesco 1993 in die Weltnaturerbeliste aufgenommen hat, ist fraglich, wie sehr Nachhaltigkeit und sanfter Tourismus tatsächlich umgesetzt werden.

Die Donau jedenfalls bildet den Auftakt zu einer unregelmäßigen Schwerpunktreihe, die über Flüsse die Regionen Ost- und Südosteuropas (neu) erzählen, quasi einen stockenden Fluss wieder ins Fließen bringen möchte.

Gestaltung