Dirk Stermann live aus dem Rabenhof Theater

21. November 2023, 12:00

Auf der glamourös dekorierten Bühne ist eine Hochzeitstafel aufgebaut, mit festlichem Geschirr, hohen Gläsern, Herzchen-Deko und einer fünfstöckigen Torte. Der Brautvater tritt in seinem besten Anzug mit weißer Rose am Revers vor das Brautpaar und hebt zu einer Rede an. Mit einem Sektglas in der Hand monologisiert er vor sich hin und versinkt dabei des Öfteren in der eigenen Geschichte. »Wenn Stermann für seine eigene Tochter eine Hochzeitsansprache hält, das wird sicher lustig«, sinniert der deutsche Entertainer gleich zu Beginn seines ersten Bühnensolos über die Erwartungshaltung des Publikums. Und um die Ansprüche erst gar nicht allzu sehr hochzuschrauben, kündigt er eine persönliche Ansprache an, ganz ohne Gags.

"Zusammenbraut" erzählt in Form einer Hochzeitsrede die Familiengeschichte eines egozentrischen Kabarettisten aus Duisburg. Stermanns Monolog vor dem Hochzeitspaar ist dabei so vergnüglich wie abgründig. "Es macht einfach so wahnsinnigen Spaß, mit vermeintlichen Realitäten zu arbeiten", verrät Stermann im Interview. "In früheren Romanen zum Beispiel habe ich auch immer geschaut, dass alles möglichst realitätsnah ist, dass beispielsweise Wege, die ich beschreibe, auch wirklich stimmen."

Autobiografisches & Fiktives

Für seinen historischen Roman "Der Hammer" ist Stermann folgerichtig alle Wege nochmals abgegangen, um zu recherchieren, ob das Erzählte den Tatsachen entspricht. "Wenn man verrückte Dinge behauptet, das geht nur, wenn alles andere wirklich stimmt - dann ist es auch möglich, dass man ungewöhnliche Dinge geschehen lässt. Wenn aber alles nur fiktiv ist und erfunden, dann ist es langweilig für mich."

In seinem Programm hat Dirk Stermann autobiografische Details und fiktive Passagen sehr eng miteinander verzahnt. Der oft unmerkliche Wechsel zwischen Illusion und Wirklichkeit erfreut ihn als Autor dabei besonders. "Da ich ja auf der Bühne und im Roman Dirk Stermann heiße, ist es ein Problem, glaube ich, dass man akzeptieren muss als Zuschauer und Leser, dass es eine Fiktion ist. Das gilt aber auch für nahe Verwandte von mir, dass die das auch akzeptieren müssen, dass nicht sie gemeint sind."

Ein zwielichtiger Protagonist

Stermann als Brautvater ist ein überaus zwielichtiger Protagonist. Teils übt er sich in Selbstironie, teils entpuppt er sich als weinerlich und sentimental. Der Wiener Humor hat es ihm angetan: "Ich rede schiach über mich und schiach über andere, das wird in Wien niemanden schockieren", ist der Duisburger überzeugt, und Josef Hader ist dabei nicht sein einziges Vorbild. "Weil ich in Deutschland dann oft gefragt werde: Was ist denn der Unterschied zwischen Österreich und Deutschland? Was den Humor betrifft: Für mich war immer klar, dass der Wiener Humor sich selbst zerfleischt. Man macht sich lustig über andere, aber vor allem über sich selbst. Man ist sich selbst der größte Gegner eigentlich."

Gestaltung

• Elisabeth Stratka