Ö1 Hausmusik

29. Jänner 2024, 16:03

Ö1 bietet viele Fenster in die Gegenwart, ohne die wir blind für die gesellschaftlichen Entwicklungen abseits des Mainstreams wären. Im 21. Jahrhundert - allerspätestens - haben es alle gemerkt. Genres sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Sie sind uns wie der Stechschritt einfach abhandengekommen. Wer hätte das gedacht! Alle Schubladen obsolet und kaum jemand bedauert es, sie klemmten ohnehin.

Wir haben es den jungen Musikerinnen und Musikern (Schwachdeutsch "Musizierenden") und ihren engagierten Lehrerinnen und Lehrern zu verdanken, die in ihrer Liebe zur Musik selbstverständlich und neugierig auf alle Sparten waren, keine Gründe zur Spezialisierung mehr fanden und sich daher in bester kapitalistischer Tradition überall bedienten.

Dazu sei ergänzt, dass die jungen Musikerinnen und Musiker bei der Aufnahmeprüfung an den einschlägigen Instituten heute etwa das Niveau haben, das zwei Generationen früher (Autor eingeschlossen) jenes des Abschlusses war. Das Ergebnis ist herrliches Chaos, das uns Sternchen sehen lässt. Und eine neue Unübersichtlichkeit.

Warum genau diese Musik?

Wo könnte man diese besser einfangen als im Sendeformat Ö1 Hausmusik? Die 40-minütige Sendung beinhaltet jeweils ein Liveset einer Band, eines Ensembles oder einer Solistin und ein Interview, über Hintergründe, Motivation und zur Frage: Warum genau diese Musik? Dabei gibt es nichts, das nicht seinen Platz finden würde, von den Moderatorinnen und Moderatoren sorgfältig kuratiert.

Einige Bands haben im Vorgängerformat Radiosession schon die Gelegenheit genutzt, unabhängig von der Ausstrahlung in Ö1, die Liveaufnahme auf Tonträger zu realisieren und dafür eigene Projekte und Kollaborationen konzipiert, die im freien Konzertleben schwierig zu realisieren sind. Zum Beispiel, um nur eines herauszugreifen und weil sie diese Möglichkeit als erste genutzt haben, hat Alpine Dweller mit dem Material, das sie in der Radiosession eingespielt haben, eine sehr schöne LP herausgebracht. Viele der präsentierten Programme sind Unikate, exklusiv für Ö1 Hausmusik konzipiert.

In den Klang eintauchen

Das aufmerksame Hören in der Intimität der Radiosphäre tut ein Übriges dazu, dass wir beim Lauschen Teil der Performance werden, in den Klang eintauchen, wie wir es im Konzertsaal oder im Jazzclub nicht oder nur in Ausnahmefällen können.

Ö1 bietet viele Fenster in die Gegenwart, ohne die wir blind für die gesellschaftlichen Entwicklungen abseits des Mainstreams wären. Und ohne diesen Zugang - wir spüren oder wissen es alle - wären wir wie ein König, dem die Untertanen davongelaufen sind - und hätten es nicht einmal gemerkt. Eines der schönsten Radioohren ins Offene ist Ö1 Hausmusik, die Klaus Wienerroither und ich abwechselnd gestalten, als Gastmoderatorin ist zudem die wunderbare Ines Reiger zu hören.

Gestaltung

• Helmut Jasbar