Olivenzweige, im Hintergrund das Mittelmeer

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Radiokolleg

Mare Nostrum

Das Mittelmeer ist durch Überhitzung aufgrund des Klimawandels, durch zu hohen Nährstoffeintrag, der für immer wieder auftretende Algenpest sorgt und durch einen hohen Anteil an Mikroplastik zunehmend gefährdet. Das bedrohte Mittelmeer.

Obwohl es vermeintlich weit entfernt ist, beeinflusst das Mittelmeer das Leben in Mitteleuropa in großem Maße. Historisch ist es bedeutend als Wiege verschiedener Hochkulturen, die sich schon frühzeitig dank des milden Klimas und der im Übermaß vorhandenen Nahrung aus dem Meer etablieren konnten. Darunter die alten Reiche der Ägypter und Phönizier, später der antiken griechischen Stadtstaaten, die kulturellen Zentren Kleinasiens in der heutigen Türkei mit Troja und Ephesos, natürlich die minoische Hochkultur auf Kreta und nicht zuletzt das Römische Reich, das mehr als 1.000 Jahre lang den Mittelmeerraum beherrschte.

Aus der Römerzeit stammt auch die Bezeichnung Mare Nostrum (Unser Meer). Die Römer betrachteten das Binnenmeer vor ihrer Haustür als Verkehrsweg, als Nahrungsquelle, und natürlich war ihre (Tisch-)Kultur von den außergewöhnlichen Kulturpflanzen geprägt, die in diesem Raum schon damals gediehen. Das milde Klima brachte mehrere "Wunderpflanzen" hervor: Olivenbäume und Weinreben, beides Pflanzen, deren Früchte gut verwertet und haltbar gemacht werden können. Dazu gab es süße Feigen, Granatäpfel und natürlich die Trauben. Auch Weizen gedieh rund um das Mittelmeer, und Tiere wurden gezüchtet, die selbst mit den steinigsten Böden und der kargsten Vegetation zurechtkamen: Schafe, Ziegen und Esel. Auf Basis dieser Fülle entstanden frühe Schriftkulturen, epische Dichtung, Philosophie, Musik und Theater - jeweils das Fundament für alles, was danach kam.

Muschel am Strand

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Vor Millionen Jahren ausgetrocknet

Soweit die bekannten Fakten. Weniger bekannt sind die erdgeschichtlichen Komponenten: Das Mittelmeer ist ein Binnenmeer, das bis zur Eröffnung des Suezkanals nur aus dem Atlantik gespeist wurde. Dazu kommen mächtige Süßwasserzufuhren, beispielsweise von Rhône und Nil. Durch tektonische Veränderungen, nämlich die Kollision von Eurasischer und Afrikanischer Platte, verschloss sich vor Millionen von Jahren der Zufluss beim heutigen Gibraltar, und das Mittelmeer trocknete bis auf wenige verbleibende Seen aus. Wir wissen das aufgrund von Salzkrusten, die im Sediment des Meeresbodens eingeschlossen sind. Ihre Mächtigkeit gibt jedoch bis heute Rätsel auf. Teilweise sind die salinischen Einschlüsse bis zu 3.000 Meter dick.

Das Schwarze Meer, das über die Dardanellen in der Nähe des heutigen Istanbuls mit Salzwasser gespeist wird, verwandelte sich in dieser Trockenperiode in einen Süßwassersee, gespeist von mächtigen Flüssen wie dem Dnipro und der Donau.

Plastik, Artensterben, Überfischung

Heute sind uns die historische Bedeutung und die kulturellen Einflüsse nicht mehr so stark bewusst. Wenn wir an das Mittelmeer denken, träumen wir wohl vorwiegend von Dolce Vita, Urlaub, wunderbaren Aussichten, gutem Essen, sonnigen Tagen und Badevergnügen oder Segelturns. Doch die schönen Vorstellungen werden nur allzu oft - inzwischen meist jedes Jahr - durch Nachrichten über großräumige Algenplagen überschattet.

Die Algen entstehen durch Überdüngung, durch Nährstoffeinträge, die von den Feldern im Hinterland in das Meer ausgeschwemmt werden. Obwohl die Algen nicht nur schlecht sind - sie binden weltweit mehr CO2 als die großen Urwälder, die es noch gibt -, sind sie ein wichtiger Indikator für das, was sich unter Wasser abspielt: Sauerstoffmangel, Artensterben, Überfischung, Verseuchung mit Mikroplastik und der stetige Temperaturanstieg bringen "Unser Meer" gewaltig unter Druck.

Fisch im Fischernetz

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Was wäre notwendig?

Wie geht es dem Mittelmeer? Welche Schutzmaßnahmen wären sofort notwendig, um das sensible Ökosystem mit seinen zahlreichen endemischen Arten zu retten? Welche Klimakatastrophen gab es in der Geschichte, und wie kann der Mensch der heutigen, sich abzeichnenden Katastrophe begegnen?

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