Olivenzweige, im Hintergrund das Mittelmeer

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Radiokolleg | 03 - 06. 06 2024

Mare Nostrum. Bedrohtes Mittelmeer

Obwohl es scheinbar weit weg ist, beeinflusst das Mittelmeer das Leben in Mitteleuropa in großem Maße. Sei es historisch - als Wiege verschiedener Hochkulturen, die sich schon frühzeitig Dank des milden Klimas und der im Übermaß vorhandenen Nahrung aus dem Meer etablieren konnten. Zahlreiche Kulturpflanzen gedeihen hier, die die europäische Küche bis heute inspirieren und dominieren. Das Mittelmeer war und ist auch ein wichtiger Transportweg und vor allem als Klimaregulator wichtig.

Mare Mundi: Österreicher:innen für das Mittelmeer

Mare Mundi ist eine österreichische NGO mit Sitz auf der kroatischen Insel Krk. Sie ist in der Erforschung und Vermittlung der Bedeutung des Mittelmeers aktiv. Unter anderem hat die NGO unter der Ägide des Meeresbiologen Robert Hofrichter ein umfassendes Werk über das Mittelmeer herausgegeben, eine Enzyklopädie mit zahlreichen Abbildungen und Grafiken, die den aktuellen Wissensstand über das Meer heute abbildet. Mare Mundi veranstaltet u.a. zahlreiche Workshops für Jugendliche bei denen Kinder und Jugendliche vieles über Fauna und Flora erfahren, selbst tauchen gehen können und für die Bedeutung und Probleme des Mittelmeers sensibilisiert werden.

Sabine Niokolay

Mediterrane Fauna und Flora

Das Mittelmeer, ein Binnenmeer mit drei Zuflüssen aus anderen Meeren und zahlreichen Flussmündungen weist einige Besonderheiten in Fauna und Flora auf. Von den Küstenregionen bis in die Tiefen finden sich hier zahlreiche endemische Arten. Vor 200 Jahren lebten an der italienischen Küste noch Unmengen von Purpurschnecken, deren Farbstoff für das Färben von Luxustextilien im höfischen Bereich verwendet wurde. Eine Million Schnecken wurden für ein Gewand getötet - der Farbstoff hält bis heute. Die Schnecken sind - ähnlich wie die Hermeline - indes ausgerottet. An Land setzt sich die besondere Biologie fort: Hier liegt die Wiege von Oliven, Wein und Weizen - den Grundnahrungsmitteln der Antike, die bis heute eine wichtige Rolle in der Ernährung Europas und der Welt spielen. Heute ist das Meer durch Überhitzung aufgrund des Klimawandels, durch zu hohen Nährstoffeintrag, der für immer wieder auftretende Algenpest sorgt und durch einen hohen Anteil an Mikroplastik zunehmend gefährdet. Das schadet der Fauna und Flora, aber auch einem wichtigen Wirtschaftszweig: dem Tourismus.

Sabine Niokolay

Entstehungsgeschichte und Zukunftsprognosen

Das Mittelmeer ist eines der Binnenmeere der Welt, zeichnet sich aber gegenüber dem Marmarameer, dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer durch ein gemäßigtes Klima an den Küstenregionen aus. In den Wintermonaten wird es hier nicht so kalt wie in anderen Meeresregionen - und es wachsen hier einzigartige Kulturpflanzen. Als Binnenmeer hat es eine Besonderheit: Im Laufe der Geschichte ist es durch tektonische Veränderungen, Erdbeben und Klimaveränderungen mehrmals trockengefallen, was man heute anhand von dicken Salzeinschlüssen in den Sedimenten nachweisen kann. Auch die Flugrouten vieler Zugvögel erinnern an die Trockenphasen da die Tiere bis heute die offene Wasserfläche überqueren, weil sie genetisch auf diese Route - die einst sicher über eine Landmasse führte - geprägt sind. "Befüllt" wird das Meer aus dem Atlantik, seit Eröffnung des Suezkanals aber auch vom Roten Meer her. Und auch zum Schwarzen Meer gibt es Verbindungen. Das alles schlägt sich in einer einzigartigen Fauna und Flora des Mittelmeeres nieder. Welchen Veränderungen war das Mittelmeer in den letzten 2000 - 3000 Jahren unterworfen und wie sind die Prognosen?

Sabine Niokolay

Was zeichnet die mediterrane Kultur aus?

Das Mittelmeer scheint zwar - vor allem aus der historischen Perspektive - weit entfernt vom Alpenraum zu sein - aber bis heute hat es große Bedeutung für die Entwicklung des Kontinents Europa. Da ist der klimatische Einfluss - das berühmte Adriatief, das das Wettergeschehen in Mitteleuropa wesentlich mitbestimmt. Der mediterrane Raum mit seinem außergewöhnlich milden Klima war die Wiege zahlreicher alter Hochkulturen: Ägypten, Mesopotamien, Karthago, die Phönizier, die alten griechischen Stadtstaaten, das römische Weltreich. Hier entwickelten sich die Weltsprachen der Alten Welt und schon vor tausenden Jahren verschiedene Schriften. Hier entstanden die großen monotheistischen Religionen, die sich über das Meer in alle Welt verbreiten konnten. Hier liegt außerdem die Wiege der Literatur und der Geschichtsschreibung mit den homerischen Epen und den Geschichten rund um den schiffbrüchigen Odysseus.

Sabine Niokolay

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