Robert Ziegler

ORF/ROMAN ZACH-KIESLING

Diskussion über Bericht zu Ex-ORF-Landesdirektor Ziegler

Der Nachhall eines lauten Einschlags

Die Recherche-Plattform "Dossier" hat Einblick in jenen Bericht bekommen, der Anfang 2023 zum Abgang von Robert Ziegler als ORF-Landesdirektor geführt hat, weil er als Chefredakteur die Berichterstattung zugunsten der ÖVP-Niederösterreich beeinflusst hat. Vom "System Ziegler" war die Rede. Jetzt sind wieder Rufe laut geworden, der Bericht müsse veröffentlicht werden. Es sieht aber nicht danach aus. Auch seinen ORF-Job, auf den er versetzt worden ist, wird Ziegler wohl behalten.

Der Bericht der Ziegler-Kommission - den "Dossier" nicht hat, aber in den die Rechercheplattform Einblick nehmen konnte - der bleibt weiter unter Verschluss. Daran lässt der Vorsitzende der Kommission, Gerhard Draxler, keinen Zweifel. Die Mutmaßung, dass das aus politischen Gründen geschehe, weist Draxler zurück. "Es hat keinen Einfluss auf die Kommission gegeben. Die Unabhängigkeit der Kommission, die uneingeschränkte Vertraulichkeit auch gegenüber den Auskunftspersonen und die Anonymität, was die Personen betrifft und die Aussagen, die wurde von der Kommission jeder Befragungsperson zugestanden und zugesichert. Und das ist der einzige Grund, warum dieser Bericht und der Inhalt des Berichtes nicht veröffentlicht wird."

Draxler: Der Bericht bleibt unter Verschluss

Sahel Zarinfard, die die Geschichte für "Dossier" recherchiert hat, meint, die Kommission hätte die Auskunftspersonen angesichts der Brisanz der Vorwürfe im Bericht fragen müssen, "inwiefern eine Veröffentlichung dem öffentlichen Interesse dient und wie man sie am besten schützen kann. Also dieses Versprechen auch nach Fertigstellung des Berichts aufrechtzuerhalten, dient nicht dem öffentlichen Interesse." Draxler hält dagegen: "Ich verstehe das Interesse der Öffentlichkeit, auch wenn das jetzt politisch motiviert daherkommt. Aber der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesstudios Niederösterreich wiegt für mich als Vorsitzender der Kommission höher als ein sogenanntes öffentliches Interesse." Eine Veröffentlichung könnte auch das Redaktionsgeheimnis gefährden.

ORF-Stiftungsräte haben noch einmal aufbegehrt

"Politisch dahergekommen", wie Draxler sagt, ist es im ORF-Stiftungsrat. Der hatte am Tag, als "Dossier" mit seinen Recherchen an die Öffentlichkeit gegangen ist, eine Sitzung. Der Fall Ziegler wurde zum großen Thema. Vertreter von FPÖ, SPÖ und Grünen drängten auf Veröffentlichung des Berichts, die ÖVP-Mehrheit lehnte das ab. Von FPÖ-Seite folgte eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft. Der strafrechtliche Vorwurf der Bestechlichkeit steht im Raum, weil Robert Ziegler als Chefredakteur im Landesstudio von landesnahen Unternehmen für Nebenbeschäftigungen Geld erhielt und zugleich die Berichterstattung zugunsten der ÖVP beeinflusste. Dass diese Nebenbeschäftigungen genehmigt wurden, soll die Kommission als "schlechthin unzulässig" eingestuft haben, schreibt "Dossier".

Sieht ORF-Chef Roland Weißmann auch im Haus neuen Handlungsbedarf? Der Generaldirektor im Interview mit #doublecheck: "Stand heute haben sich daraus keine neuen Anhaltspunkte ergeben. Aber wie gesagt, wir sind noch nicht fertig. Und parallel dazu gibt es ja eine Anzeige. Und da habe ich die Compliance-Abteilung des ORF, die ja in ihrer Arbeit - und das ist mir ganz, ganz wichtig - unabhängig und weisungsfrei ist, mit einer zusätzlichen Überprüfung dieses Vorhalte sozusagen beauftragt."

Schützende Hand über dem gefallenen Direktor?

Weißmann sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, seine schützende Hand über Ziegler zu halten. Vorturner "Fit mit Philipp" Jelinek - jetzt bei "Krone TV" - hatte gehen müssen, als durch Chat-Protokolle bekannt wurde, dass er sich seinerzeit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Informant angedient hatte. Frage an Roland Weißmann: Wenn man mit Leuten aus diesem Personenkreis der Auskunftspersonen spricht, hört man immer wieder Enttäuschung, dass zwar schon Konsequenzen gezogen wurden, die jetzt von Ziegler selber gekommen sind, wer auch immer da nachgeholfen hat oder nicht. Aber dass eben nicht das Unternehmen klar gesagt hat, wir trennen uns von dem, der hat dem Unternehmen geschadet. Kann er das nachvollziehen, diese Enttäuschung?

Der Generaldirektor dazu: "Die Situation ist aus meiner Sicht verständlich. Aber wie gesagt, es wurden klare Konsequenzen gezogen. Er hat von sich aus seine Position zurückgelegt. Arbeitet nach wie vor in dem völlig anderen Bereich, nicht mehr im journalistischen Bereich. Er hat auch deutliche Gehaltsreduktionen hinnehmen müssen."

"Dossier" zitiert Beispiele aus dem Ziegler-Bericht

"Dossier" zitiert zahlreiche Beispiele aus dem Kommissionsbericht, wo Ziegler versucht habe, für die ÖVP unangenehme Berichterstattung zu unterdrücken. Insbesondere sei es da um investigative Radiobeiträge gegangen, die für Ö1, Ö3 und die Landesstudios produziert wurden - etwa zum Ibiza-Skandal, zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss und zur Erwin-Pröll-Stiftung. "Erst wenn das Thema in allen Zeitungen und quasi nicht mehr zu halten war, haben wir die Beiträge auch gespielt", werde ein Redakteur im Bericht zitiert.

Roland Weißmann grundsätzlich: "Es ist immer schwierig, wenn es anonyme Vorwürfe gibt, nämlich im Spannungsfeld zwischen der Unschuldsvermutung auf der einen Seite und der anderen Seite den anonymen Vorwürfen, wo man ja dem Ganzen auch nachgehen muss." Einwurf: Die Vorwürfe sind ja bestätigt worden von 50 Auskunftspersonen aus dem Haus! "Wie gesagt, es ist kein Gericht, es ist kein Urteil gesprochen worden, sondern es war eine Befragung, und da hat es dann sozusagen eine Bewertung gegeben."

Robert Ziegler selbst hat von einem Komplott gegen ihn gesprochen, es sei über Jahre Material gesammelt worden, um es zu gegebener Zeit gegen ihn zu verwenden. Die Kommission hält in ihrem Bericht dagegen, sie wird von "Dossier" so zitiert: Es widerspreche "jeder Lebenserfahrung, dass sich mehrere Dutzend Personen zum Nachteil eines Dritten verabreden. Das mag bei drei oder vier möglich sein, aber nicht bei einer so großen Anzahl von Auskunftspersonen, die ein deutliches Licht auf das System Ziegler warfen."

Arbeitsrecht gab für Weißmann den Ausschlag

Der entscheidende Punkt für ORF-Chef Weißmann ist in der Causa das Arbeitsrecht: "Es wäre dann schon so gewesen, weil Ziegler vieles bestritten hat, was letztendlich nur ein Arbeitsprozess hätte klären können. Und hier muss ja ein sorgfältiger Geschäftsführer auch abwägen, was für das gesamte Unternehmen gut ist." Hat Ziegler also Rechtsmittel angedroht? "Angedroht - es war auch so, dass ein Arbeitsprozess auch für den ORF mit einem gewissen Risiko versehen war, ganz klar in einem Gutachten belegt. Und aus der Gesamtabwägung heraus war es so die beste Möglichkeit aus meiner Sicht", so Weißmann.

Und zwar auch deshalb, weil das Landesstudio wieder in ruhige Bahnen kommen und sich unter dem neuen Landesdirektor Alexander Hofer konsolidieren habe können. Als Kronzeugin dafür nimmt Roland Weißmann die Aufdeckerin Sahel Zarinfard, die im Landesstudio nachgefragt hat. Und dort haben sie ihr gesagt: "Die Veränderung nach Robert Zieglers Rücktritt sei schon spürbar. Sie merken auch, dass sie viel freier berichten können, dass es keine Interventionen mehr in dem Ausmaß gibt. Und ich glaube ihnen das auch", sagt Zarinfard.