ORF RSO Wien

ORF/THOMAS RAMSTORFER

Das RSO Wien im Festspielsommer

Wenn ein Orchester auf Reisen geht, dann kann es was erzählen! Im kommenden Festspielsommer hat das RSO Wien wieder zahlreiche Geschichten im Gepäck: Von der West Side Story über Die Dreigroschenoper und Das Floß der Medusa bis zu Gruselgeschichten des 20. Jahrhunderts zeigt das Festivalorchester des Carinthischen Sommers seine musikalische Vielfalt und erzählerische Kraft.

RSO Wien Orchesterfoto

NANCY HOROWITZ

Wenn Frankenstein!! beim Eröffnungskonzert des Carinthischen Sommers die Bühne betritt, findet er sich in vertrauter Gesellschaft wieder: In HK Grubers Pandämonium wimmelt es nur so von Monstern, Untoten und anderen Bösewichten. Das doppelte Rufzeichen im Werktitel bezieht sich nicht nur auf Frankensteins Überraschungsauftritt, sondern ist auch Symbol der bitterbösen Überzeichnung: Nach H.C. Artmanns Gedichtsammlung Allerleirausch - Neue schöne Kinderreime vertont HK Gruber die bissig-schwarzhumorigen Neudichtungen bekannter Reime ohne reformpädagogische Ansprüche und inklusive Schauergestalten des 20. Jahrhunderts. Statt dem Bi-Ba-Butzemann tanzt nun das Mi-Ma-Monsterchen, und anstelle des Hampelmanns wiegt Frankenstein die Retortenfrau im Tangoschritt.

HK Gruber am Dirigentenpult

Gruber lässt sich in seiner Komposition von H.C. Artmann leiten. Er übernimmt die Idee der Verfremdung bekannter Formen, orientiert sich an Textrhythmus und dramatischen Wendungen und spielt - wie sich das für Kinderreime gehört - mit effektvollen Sonderinstrumenten wie Lotusflöten, Toy Piano und Isolierschläuchen, die am Ende des Monsterlieds durch die Luft singen. HK Gruber selbst steht bei diesem Konzert am Dirigentenpult seines früheren Orchesters und steuert außerdem ein weiteres Werk bei: Mit seinem neuen Klarinettenkonzert FinTango zollt er der reichen finnischen Tangokultur Tribut.

Dvorak und Brahms

Zwei Erfolgswerke des 19. Jahrhunderts, die sich bis heute ungebrochener Beliebtheit erfreuen, stehen am zweiten Abend des RSO Wien in Villach auf dem Programm: Antonín Dvořáks strahlende 8. Symphonie in G-Dur wird mit dem letzten Orchesterwerk von Johannes Brahms kombiniert: dem Doppelkonzert für Violine und Cello.

Das Floß der Medusa

Mit Hans Werner Henzes Das Floß der Medusa landet das RSO Wien zur „Ouverture spirituelle“ bei den Salzburger Festspielen. In dem Oratorium rund um die historischen Ereignisse des Flaggschiffs Medusa durchleidet der Chor der Passagiere noch einmal seine eigene Geschichte: Nach dem Schiffbruch der Medusa müssen sich die Menschen an Bord auf einige wenige Boote und ein Floß retten. Als die Strömung die provisorischen Gefährte abtreibt, wird der Befehl erteilt, das Tau zwischen Booten und Floß zu kappen. Die knapp 150 Schiffbrüchigen werden ihrem Schicksal überlassen.

Henze teilt den Chor der Passagiere auf der Bühne in drei Teile: Auf der linken Seite stehen die Lebenden, auf der rechten die Toten und „La Mort“; in der Mitte als verbindendes Element und Erzähler der Fährmann Charon. Während das Floß fast zwei Wochen auf See treibt, wechseln immer mehr Sänger:innen von der linken auf die rechte Seite und vom erzählenden Deutsch ins deklamierende Italienisch. Die Zeit wird in Fässern abgefüllt: Viel zu schnell und quälend langsam folgt „La Mort“ dem Floß. Am Ende werden nur 15 Menschen lebend geborgen.

Marin Alsops letztes Konzert als Chefdirigentin des RSO

Von Amerika erzählt das Abschlusskonzert des Festivalsommers in Villach: In Marin Alsops letztem Konzert als Chefdirigentin des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien setzt sie auf Tänzerisches von George Gershwin und ihres Mentors Leonard Bernstein - passend zum Festivalmotto „bewegt“. Der Abschied ist nur vorübergehend: In der kommenden Spielzeit gibt es ein Wiedersehen mit Marin Alsop als Ehrendirigentin des geschichtenreichen RSO Wien.

Gestaltung: Anna Jagenbrein