Christiaan Willemse

JEDRIE HARMSE

Ö1 Talentebörse

Christiaan Willemse, Komposition

In Kooperation mit den österreichischen Kunstuniversitäten präsentiert Ö1 junge Kunst-Talente Österreichs. Christiaan Willemse studierte Komposition am Mozarteum Salzburg.

Junge Künstlerinnen und Künstler im Porträt

Ich bin Mensch, Musiker, Südafrikaner.

Was ist Kunst und was nicht?

Hier muss ich John Cage wohl zustimmen, dass alles Kunst ist, was man als Kunst bezeichnet.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Ich bin relativ spät zur Musik gekommen, da ich mit 13 erst meinen ersten Violinunterricht erhalten habe. Knapp danach habe ich angefangen, zu komponieren.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Wahrscheinlich spielt jedes dieser Verben eine Rolle. Als Menschen, brauchen wir Kunst in unterschiedlichsten Formen – es ist eigentlich ein Muss. Deswegen wollen wir auch Kunst machen und sind wir alle in der Lage, Kunst in irgendeiner Form machen zu können.

Wo würden Sie am liebsten ausstellen/auftreten/inszenieren?

Aus irgendeinem Grund gab es bisher noch nie eine Uraufführung eines meiner Werke in meinem Heimatland Südafrika – es wäre mir also schon großartig, irgendwann dort eine Premiere zu haben.

Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Bisher konnte ich stets mit tollen Musikerinnen zusammenarbeiten und ich wäre sehr dankbar, wenn es in Zukunft weiterhin der Fall wäre – mit den vielen talentierten, fleißigen Musikerinnen mit einer Leidenschaft für zeitgenössische Musik, bin ich jedoch sehr optimistisch.

Wie viel Markt verträgt die Kunst?

Eine spannende Frage, da kann man natürlich lange drüber nachdenken und diskutieren. Die Kunst braucht unbedingt Freiheit, der freie Markt hingegen lebt von Angebot, Nachfrage und Kapital. Wenn Kunst zu stark vom Markt durchdrungen wird, droht sie zur „Ware“ zu werden. Und doch: Ganz ohne Markt kann die Kunst oft nicht existieren… Wir leben in einer Welt, wo alles Geld kostet; ohne Geld kann man nicht überleben. Ich glaube also, dass Kunst vielleicht so viel Markt verträgt, wie sie braucht, um zu überleben, aber nicht so viel, dass sie sich selbst verliert.

Und wie viel Kunst verträgt der Markt?

Da ich kein Ökonom bin, finde ich die umgekehrte Frage etwas schwieriger, zu beantworten. Ich glaube es spielt nicht nur Geld eine Rolle, sondern auch eine gewisse gesellschaftliche Haltung gegenüber künstlerischer Offenheit und freiem Diskurs. Vielleicht ist es so besser ausgedrückt: Der Markt verträgt so viel Kunst, wie er bereit ist anzuerkennen.

Was ist etwas völlig Unvernünftiges, das Sie trotzdem sofort tun würden, wenn Geld keine Rolle spielt?

Ich würde mir einen guten, teuren Rotwein kaufen und ihn beim Sonnenuntergang am Strand oder im Busch genießen. (Ob es tatsächlich unvernünftig ist, guten Wein zu trinken, bin ich mir allerdings nicht sicher.)

Welche Vision haben Sie für Ihre Arbeit – oder für sich selbst – in zehn Jahren, die Sie (noch) niemandem erzählt haben?

Wenn ich es bisher niemandem erzählt habe, ist es wahrscheinlich eher ein Geheimnis. Aber ich sage mal so: Ich würde nicht meckern, wenn ich in zehn Jahren hauptberuflich als Komponist tätig wäre und nebenbei eine Stelle an einer Hochschule hätte, um die Unterstützung, Anregung und Fachkenntnisse, die mir meine Lehrerinnen und Professorinnen reichlich gegeben haben, an eine neue Generation von Musiker*innen weiterzugeben.

Glauben Sie, dass Ihre Arbeit in Zukunft von künstlicher Intelligenz ersetzt werden könnte – und warum (nicht)?

Nein. Damit es keine menschgemachte Kunst mehr gibt, muss es zuerst keine Menschheit mehr geben (und ich wäre lieber nicht so pessimistisch…). Natürlich wird KI einen Einfluss haben – hat sie bereits –, wie in jedem anderen Beruf, aber ich glaube wir sind noch an der Stelle diesen Einfluss positiv mitzugestalten und in eine für Künstler*innen konstruktive Richtung zu lenken. Besonders wichtig, vor allem jetzt bereits, ist wie man gesetzlich und urheberrechtlich dazu einen Weg finden muss.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Bei der Sicherheitskontrolle am Pariser Flughafen, als ich nach Südafrika geflogen bin. Ich habe mir früher am Tag ein paar Seifen in Montmartre gekauft und sie in meinem Handgepäck verstaut. Anscheinend sieht Seife sehr nach Drogen aus, da mein ganzes Gepäck inklusive mich zunächst wegen Drogenverdacht ordentlich untersucht wurde. Sie haben dann glücklicherweise festgestellt, dass es keine Drogen waren, sondern nur Touri-Seifen aus Montmartre.

Was wünschen Sie sich, dass Ihre Kunst bei anderen auslöst?

Kunst hat viele Aufgaben und Ziele, wahrscheinlich zu viele, um hier alles aufzulisten. Vieles davon ist persönlich und vieles davon hingegen nicht. Meiner Meinung nach – um die Worte der amerikanischen Pianistin Orli Shaham über Brahms‘ dritte Klaviersonate zu paraphrasieren –, soll Kunst dem Betrachter in irgendeiner Weise ändern: Man ist nach der Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk anders, auch wenn nur in geringster Weise, als davor. Und da ich das als eine Hauptaufgabe der Kunst betrachte, hoffe ich dementsprechend, dass meine Musik auch eine ähnliche Wirkung hat.

Übersicht

Ö1 Talentebörse