
APA/GEORG HOCHMUTH
Vermischtes
Brisanter Archiv-Fund in Russ-Land
Chefredakteure, die zugleich auch Geschäftsführer ihres Mediums sind. Das gibt es nur in Österreich. Obwohl der Grundsatz gelten sollte: Redaktion und Kaufmännisches nicht vermischen. Manche Medien nehmen das nicht so genau, etwa die "Vorarlberger Nachrichten", die zur Russmedia des Verlegers Eugen Russ gehören. Und das fällt jetzt dem früheren VN-Chefredakteur Gerold Riedmann, heute Chefredakteur beim "Standard", auf den Kopf.
4. September 2025, 23:01
Bis 2023 war Gerold Riedmann VN-Chefredakteur und Geschäftsführer - auch von Russmedia Digital. Die Russmedia Digital hielt bis 2023 mit 30 Prozent den größten Anteil an der TOWA, eine Digital-Werbeagentur. Über die hat #doublecheck 2019 schon einmal berichtet.
Die TOWA hat damals für die ÖVP Vorarlberg den Online-Wahlkampf für die Landtagswahl gemacht. #doublecheck hat Riedmann damit konfrontiert, er hat gesagt: Das sei überhaupt kein Problem, denn der Anteil der Russmedia Digital an der TOWA, das sei eine reine Finanzbeteiligung. Man habe alle sechs Monate ein Meeting und tausche sich nicht über Kunden und Kampagnen aus. "Wir sind keine Denkschmiede für politische Parteien", das hat Riedmann wörtlich gesagt.
Riedmann, TOWA und Lech Zürs Tourismus
Und jetzt wird es spannend: Die TOWA hat 2018 mit der Lech Zürs Tourismus GmbH einen Top-Kunden an Land gezogen. Branchen-Dienste haben vom "Grundstein für eine langjährige Zusammenarbeit" mit einem "prestigeträchtigen Neukunden" geschrieben. Nur hat das nicht so geklappt, es kam zu einem Rechtsstreit zwischen der TOWA und der Lech Zürs Tourismus GmbH. Und da kommt Gerold Riedmann ins Spiel, damals eben Geschäftsführer der Russmedia Digital, die sich laut seinen Aussagen nicht um Kunden und Kampagnen der TOWA kümmert.
Der Vorwurf des Prüfungsausschusses
In einem Bericht des Prüfungsausschusses der Gemeinde Lech - der seltsamerweise vertraulich ist - findet sich eine Passage, die das widerlegt. Zitat: "Auch wenn das keinen Einfluss auf die rechtliche Situation haben sollte, so sei darauf hingewiesen, dass sich die TOWA im mehrheitlichen Besitz der Russ-Mediengruppe befindet und der Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten persönlich - in Missachtung seines Auftrages als Chefredakteur - Druck auf die Lech Zürs Tourismus ausgeübt hat.“ In dem Rechtsstreit ist es um mehrere hunderttausend Euro Schadenersatz-Zahlungen gegangen, die die Gemeinde von der Agentur gefordert hat.
"Ich habe überhaupt niemals Druck ausgeübt"
Der angesprochene Chefredakteur war Gerold Riedmann, er soll wiederholt in der Sache angerufen haben. Auf Anfrage weist der heutige "Standard"-Chefredakteur den im Prüfbericht erhobenen Vorwurf zurück. Zitat seiner knappen schriftlichen Stellungnahme: "Im Konflikt zwischen der TOWA und der Lech Zürs Tourismus habe ich keinerlei Druck auf die Gemeinde Lech oder sonstige Beteiligte ausgeübt. Ich habe überhaupt niemals meine Funktion als Chefredakteur benutzt, um wirtschaftliche Interessen durchzusetzen, dies war schon 2019 so - und auch in den Folgejahren.“ Es steht also Aussage gegen Prüfbericht.
Verschwiegenheit und "Schiss" im Ländle
Riedmann hat die "Standard"-Redaktion über die #doublecheck Recherchen informiert. Dem Vernehmen nach hat er sich dabei so erklärt, dass er die Gemeinde Lech vor einer Klage habe bewahren wollen. Interview wollte Riedmann keines geben. Und die damals Verantwortlichen in Lech wollen zu der Causa öffentlich nichts sagen, weil sie zur Verschwiegenheit verpflichtet seien, wie sie betonen.
Der Verleger Russ sei in Vorarlberg so mächtig, es hätten einfach alle "Schiss" vor ihm - auch das bekommt man bei der Recherche zu hören.
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