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Kooperation von ORF, Standard und Medienkompetenz-Initiativen

Neuer Schub für mehr Medienbildung

Amerikanische Verhältnisse in Europa – so weit sind wir noch nicht, aber ausschließen will das niemand. Bei uns gibt es Parteien und Medien, die nur darauf gewartet haben, dass die Dämme brechen, und Politik à la Donald Trump machen. Aber noch gibt es auch Institutionen, die dagegenhalten. Umso dringender ist eine Stärkung der Medienkompetenz. Das wird zwar immer wieder beschworen, aber passiert ist zu wenig. Jetzt kommt ein Anschub.

Dass Medienkompetenz oft nicht viel mehr als ein Schlagwort ist, das ist problematisch. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Social Media für viele Menschen zunehmend die Weltsicht bestimmt und wir längst eine redaktionelle Gesellschaft sind. Den Begriff hat der Tübinger Professor Bernhard Pörksen geprägt, er hat schon früh auf den Ausbau der Medienbildung gedrängt. Im #doublecheck-Interview zeigt Pörksen sich zuversichtlich, dass in Sachen Medienbildung etwas gelingen kann, er spricht von einer "Graswurzel-Revolution".

Bernhard Pörksen

Bernhard Pörksen

HANSER VERLAG

Pörksen hat immer für ein eigenes Unterrichtsfach Medienbildung geworben, aber da tut sich nichts. Der Medienwissenschafter sagt: "Ich habe fast den Glauben an die Beweglichkeit der Schule als Institution verloren. Aber es gibt so eine Art Graswurzel-Revolution der Medienbildung, die bisher noch weitgehend unentdeckt ist."

Pörksen sieht eine "Graswurzel-Revolution"

Journalistinnen und Journalisten würden oft "gegen kleines Geld, wenn überhaupt gegen ein Honorar" in die Schulen gehen und Medienkompetenz unterrichten. Sie bringen Schülerinnen und Schülern bei, wie sie etwa auf TikTok wahr und falsch unterscheiden, Propaganda entdecken können. "Das ist eine tiefe Ermutigung, diese Graswurzel-Revolution der Medienbildung, die eher von der Seite des Spielfeldrand aus kommt, nicht aus der Mitte der Bildungseinrichtung. Die macht mir tatsächlich Hoffnung", sagt Bernhard Pörksen.

Teil einer solchen Graswurzel-Bewegung ist auch der ORF. Der startet jetzt eine breite Initiative mit der Website bildung.orf.at, die Marketingchef Martin Biedermann so beschreibt: "Es gibt Tutorials, also richtige Unterrichtseinheiten, die die Lehrkräfte in den Unterricht einbauen können. Das wird auch ständig erweitert zu verschiedenen Themen und auch für Unterstufe und Oberstufe. So ergibt sich die Möglichkeit, dass jede Schule, jede Lehrkraft, jeder Schüler sich damit befassen kann. Und wir hoffen, dass das angenommen wird."

Medienkompetenz wird zur "Lebenskompetenz"

Inhaltlich ist Newsroom-Chefredakteur Sebastian Prokop verantwortlich, er spricht von "Medienkompetenz als Lebenskompetenz". Prokop: "Unser Ziel ist, dass wir das aus dem Qualitätsjournalismus heraus vermitteln - gemeinsam mit Medienkompetenz-Initiativen, die es schon gibt, die die Erfahrung haben. Wir wollen dieses Thema sehr breit ausrollen." Konkret sind das die gemeinnützigen Vereine "Lie Detectors" und "Digitaler Kompass", mit denen der ORF jetzt verstärkt kooperieren wird. Die haben Know-how für Workshops in Schulen.

Es wird auch den sogenannten Fakten-Freitag geben, jeden Freitag im Schuljahr Workshops im ORF-Zentrum. Und es gibt weitere Schulungs-Events, auch gemeinsam mit dem "Standard". Das Interesse sei riesig, sagt Sebastian Prokop: "Wir haben 700 Schüler in der Faktencheck-Woche im Herbst zu Gast im Haus. Und bei unserem ersten Durchgang unseres Medienkompetenz-Tags für die Lehrerinnen und Lehrer haben wir die Anmeldung nur wenige Stunden online gehabt. Die 100 Plätze waren sofort weg und 150 sind auf der Warteliste."

"Meine Zeitung" Abo ist "komplex" und dauert

Ein zentrales Projekt zur Steigerung der Medienkompetenz im Regierungsprogramm ist das "Meine Zeitung" Abo, für das ab 2026 jedes Jahr 30 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die Umsetzung lässt allerdings weiter auf sich warten. Im Büro von Medienminister Andreas Babler hieß es auf #doublecheck-Anfrage, dass Angebote, die künftig aus dem Topf gefördert werden, für die junge Zielgruppe attraktiv sein müssten. Die Förderung entsprechend treffsicher zu gestalten, das sei sehr komplex. An dem Projekt werde aber intensiv gearbeitet, wird versichert. Ein Launch-Zeitpunkt stehe noch nicht fest. Was sehr wohl feststehe: Print-Abos stünden bei der Förderung nicht im Fokus.

Als SPÖ-Parteivorsitzender ist der Medienminister schneller unterwegs. Babler hat darüber informiert, dass seine Partei jetzt mit "zeitgemäßen Fernsehformaten" beginnen werde und er "wahnsinnig stolz" darauf sei. Sprich: es wird einen Propaganda-Kanal geben nach dem Vorbild von FPÖ TV, das schon an die 15 Jahre besteht. Heißen wird das Ding "SPÖ 1", und wie für alle Parteimedien gibt es dafür keine Medienförderung.

Service

bildung.orf.at