Simon Wiesenthal, 1983

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Im Gespräch | 11 08 2005

Simon Wiesenthal

Peter Huemer spricht mit Simon Wiesenthal.

Im Jahr 1946 erschien in einem kleinen Linzer Verlag ein Buch mit Zeichnungen und Collagen, die ein Häftling im Todesblock des Konzentrationslagers Mauthausen heimlich unter Lebensgefahr angefertigt und nach der Befreiung vollendet hatte. Die Arbeiten zeigen in künstlerisch höchst eindrucksvoller Weise die Täter. Das Buch war damals schnell vergriffen. Es trägt den Titel "Denn sie wussten, was sie tun. Zeichnungen und Aufzeichnungen aus dem KZ Mauthausen". Der Künstler heißt Simon Wiesenthal.

Anfang Juni 2005 hat Bundespräsident Heinz Fischer dem 96-jährigen Simon Wiesenthal das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich überreicht. In der Begründung für die Auszeichnung hieß es unter anderem, Wiesenthal habe "wesentlich dazu beigetragen, einige der größten NS-Verbrecher in ihren Nachkriegsverstecken aufzuspüren und einer gerichtlichen Verurteilung zuzuführen". Wiesenthal habe sich "um die Ahndung schwerster Verbrechen in einer Zeit verdient gemacht, in der ihm seine Arbeit in Österreich nicht immer leicht gemacht wurde".

Damit spielte der Bundespräsident auf die so genannte Kreisky-Wiesenthal-Affäre im Jahr 1975 an. Wiesenthal veröffentlichte damals kurz nach der Nationalratswahl ein Dossier, wonach der damalige FPÖ-Chef Friedrich Peter während der Nazi-Zeit in einer SS-Einheit gedient hatte. Bundeskanzler Kreisky, dessen Minderheitsregierung von der FPÖ unterstützt worden war, warf Wiesenthal daraufhin "Mafia-Methoden" vor. Heinz Fischer, er war Klubobmann der SPÖ, schlug einen Untersuchungsausschuss gegen Wiesenthal vor, der aber letztlich nicht zu Stande kam. Im Präsidentschaftswahlkampf hatte Fischer dazu erklärt: "Ich würde heute anders und reifer handeln und es tut mir Leid, dass ich damals keinen besseren Weg zur Bereinigung des Konflikts gefunden habe."

Simon Wiesenthal wurde 1908 in Galizien geboren. Seine ganze Familie, 89 Menschen, wurde von den Nationalsozialisten ermordet. Er selber hat die Tortur von zwölf Konzentrationslagern überlebt. Sein weiterer Lebensweg, der ihn weltberühmt gemacht hat, ist bekannt. Und nicht einmal in seiner Heimat Österreich wird mehr bestritten, was Simon Wiesenthal für die Welt seit Jahrzehnten ist: Eine moralische Autorität.
Das Gespräch wurde vor mehr als zehn Jahren, im April 1995, gesendet.

SImon Wiesenthal starb im September 2005 in Wien.

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