APA/ROLAND SCHLAGER
Live-Übertragung
Österreichischer Buchpreis an Dimitre Dinev
Der Österreichische Buchpreis 2025 geht an Dimitre Dinev für seinen 1150-Seiten-Roman "Zeit der Mutigen", ein Opus magnum über Gewalt und Unterdrückung, Liebe und Magie, Tod und Leben. Miriam Unterthiner wurde für ihren Theatertext "Blutbrot" mit dem Debütpreis ausgezeichnet. Ö1 übertrug die Preisverleihung live aus den Wiener Praterateliers.
10. November 2025, 21:18
Der 1968 im bulgarischen Plowdiw geborene und seit 1990 in Österreich lebende Autor Dimitre Dinev wurde 2003 mit seinem Roman "Engelszungen" auch international bekannt. "Zeit der Mutigen", erschienen im Verlag Kein & Aber, ist ein Opus magnum über Gewalt und Unterdrückung, Liebe und Magie, Tod und Leben, das zeitlich mehrere Generationen und geografisch Österreich mit Bulgarien und stilistisch historische Fakten mit sprachlicher Meisterschaft verbindet. Der verschlungene Roman ist auch ein zeithistorisches Aufklärungsbuch, ein Stasi-Roman, der Bericht über eine bleierne Zeit, die ganze Generationen deformiert hat.
Für die Jury ist das Buch "ein Kraftakt, ein 'totaler Roman', der an die großen Erzähler des 20. Jahrhunderts erinnert, aber eindeutig im 21. Jahrhundert beheimatet ist und in einer Reihe mit Roberto Bolanos '2666' oder Hilary Mantels Wolf-Hall-Trilogie stehen kann. Ein humanistisches Monument von einem Buch, das größer ist als Österreich, und das zeigt: Die Zeit der Mutigen ist noch lange nicht vorbei."
Die zum zehnten Mal vergebene Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert.
Es gäbe keinen Preis der Welt, der ein Buch besser machen könne, meinte Dinev in seiner Danksagung, "aber er kann mein Leben leichter machen". Dinev bedankte sich bei allen Jurorinnen und Juroren - auch jenen, die sich umstimmen ließe - vor allem dankte er, sichtlich gerührt, seiner Frau und nicht zuletzt bei seinem Verlag Kein und Aber.
APA/MAX SLOVENCIK
Die Journalistin und Autorin Irene Binal und Ö1 Literaturkenner Peter Zimmermann über Dinevs 1150-Seiten-Roman.
Die Shortlist zum Österreichischen Buchpreis
Nominiert waren weiters Monika Helfers 750-seitige, unter dem Titel "Wie die Welt weiterging" erschienene Sammlung von 365 "Geschichten für jeden Tag" des Jahres, Marlene Streeruwitz' New-York-Roman "Auflösungen.", der das Gastsemester einer Wiener Lyrikerin im Big Apple beschreibt. In "Die letzten Tage" hat Martin Prinz anhand von Volksgerichtakten das NS-Mordregime im Semmeringgebiet im April 1945 rekonstruiert und dabei den grausigen Mechanismus von sprachlicher Distanzierung aufgezeigt. Die größte Überraschung auf der Shortlist war der Gedichtband "Kiki Beach" von Verena Stauffer, ein experimenteller Text, der von der griechischen Mythologie zum modernen Digitalzeitalter und wieder zurückspringt.
Bereits die Longlist habe es vorhersehen lassen, dass die Jury heuer auf renommierte literarische Größen, statt auf neue Entdeckungen setzt, kommentierte Ö1-Literaturexpertin Judith Hoffmann im "Kulturjournal" die Shortlist.
101 Titel von 58 Verlagen (30 aus Österreich, 24 aus Deutschland und vier aus der Schweiz) waren für den Österreichischen Buchpreis und den Debütpreis 2025 aus den Bereichen Belletristik, Lyrik, Drama und Essay eingereicht worden. Die Jury setzte sich heuer aus der Leiterin des Literaturressorts im ORF-TV Katja Gasser, dem Literaturwissenschafter und Autor Stefan Kutzenberger, der Autorin Theresia Prammer, der Buchhändlerin Ulla Remmer und dem Autor Franz Schuh zusammen.
Ö1 auf der Buch Wien
DO | 13 11 2025
Punkt eins
Ö1 Europagespräch
FR | 14 11 2025
Ö1 Science Arena
Punkt eins
SA | 15 11 2025
Ö1 Klassik-Treffpunkt
SA | 16 11 2025
Ö1 Quiz
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Debütpreis an Miriam Unterthiner
Der mit 10.000 dotierte Debütpreis, übergeben von AK-Präsidentin Renate Anderl und Vizekanzler Andreas Babler (beide SPÖ) ging an Miriam Unterthiner für ihren Theatertext "Blutbrot". Die Autorin untersucht darin die in Südtirol nach Ende des Zweiten Weltkrieges geleistete Fluchthilfe, die Nazis wie Adolf Eichmann und Josef Mengele über den Brennerpass von Österreich nach Italien brachte. In "Blutbrot" leistet die Kollektivfigur "DasDorf" diese Fluchthilfe, spricht jedoch nicht darüber und verweigert sich der Aufarbeitung der eigenen Taten.
Der bereits mit dem renommierten Kleist-Förderpreis für neue Dramatik ausgezeichnete Text hatte am 10. Oktober 2025 im Theater am Werk in Wien Premiere. "Blutbrot" ist in der Edition Laurin erschienen.
Ebenfalls für den Debütpreis nominiert waren Anna Maschik für "Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten", erschienen im Luchterhand Verlag und Michèle Yves Pauty für „Familienkörper“, erschienen im Haymon Verlag.
Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), Miriam Unterthiner (Debütpreis) AK-Präsidentin Renate Anderl und Burgschauspieler Philipp Hauß
APA/MAX SLOVENCIK
Durch den Abend in den Wiener Praterateliers führten die beiden Ensemblemitglieder des Wiener Burgtheaters, Dorothee Hartinger und Philipp Hauß. Studierende des zweiten Jahrgangs Schauspiel an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien lasen aus den nominierten Büchern und interviewten die Autorinnen und Autoren.
Für die musikalische Gestaltung des Abends sorgte das junge inklusive Ensemble Ohrenklang.
Zehn Jahre Österreichischer Buchpreis
Der zum zehnten Mal vergebene Preis wird vom Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport (BMWKMS), dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HBV) und der Arbeiterkammer Wien (AK) ausgerichtet. Der Österreichische Buchpreis ist mit 20.000 Euro dotiert, der Debütpreis mit 10.000 Euro. Allen, die es auf die Shortlists geschafft haben, sind zumindest 2.500 Euro sicher.
Im Vorjahr ging der Österreichische Buchpreis an Reinhard Kaiser-Mühlecker für seinen Roman "Brennende Felder", der Debütpreis an Frieda Paris für ihr Langgedicht "Nachwasser".
Text: APA/red.
Service
ORF Sound - Lesen und Lesen lassen
Österreichischer Buchpreis
