Wanted: Superassistenz mit Jasmin Plank
Willkommen bei Wanted, Superassistenz, ein Podcast gestaltet von Franz-Joseph Huainigg und Marietta Trendl. Mit der Hilfe von persönlicher Assistenz können viele Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben führen. Es ist allerdings oft schwierig, Assistent:innen zu finden. Franz-Joseph Huainigg sitzt im Elektrorollstuhl und wird künstlich beatmet. Auch er lebt und arbeitet mit der Unterstützung von persönlichen Assistent:innen. Um diese zu finden, lädt er Persönlichkeiten zum Bewerbungsgespräch. Am Ende entscheidet dann eine Challenge, ob die Bewerbung erfolgreich ist.
18. Dezember 2025, 13:35
Huainigg: Ja, zu Gast ist heute bei mir die Jasmin Plank, die sich auch beworben hat als persönliche Assistentin. Du hast auch selbst Erfahrung mit persönlicher Assistenz. Du hast nämlich einen Assistenzhund, der dich begleitet. Magst du dich einmal kurz vorstellen?
Plank: Ja, hallo, ich bin die Plank Jasmin, ich bin 36 Jahre alt, bin gelernte Frühjahrzieherin, das heißt, ich habe bis zu meinem Unfall 2018 als Pädagogin gearbeitet und eine Kinderkrippe geleitet. Und seit meinem Unfall 2018 hat sich mein Leben ein bisschen geändert und ich darf jetzt mein Leben mit dem Rollstuhl begleiten. Und bin Profisportlerin geworden sozusagen. Bin selber in Begleitung von meiner Assistenzhündin. Habe auch selbst Assistenz. Und deswegen fände ich gerade den Job bei dir auch super interessant, wie wir zwei uns ergänzen könnten.
Huainigg: Ich finde das sehr schön und sehr positiv, dass du sagst, du hast die neuen Herausforderungen angenommen und du darfst jetzt einen neuen Weg gehen, weil es ist wahrscheinlich nicht so einfach, wenn man plötzlich mit einer Behinderung konfrontiert ist, die man so nicht gehabt hat. Und dann noch dazu Diskussionen hat im Job, in dieser Tätigkeit, die du durchgeführt hast. Wie war das, diese erste Auseinandersetzung mit der Behinderung?
Plank: Bei mir war es so, dass ich gerade ein halbes Jahr lang frisch in der Leitung in der Kinderkrippe war, wie bei mir die Erkrankung angeklopft hat. Also ich bin ein bisschen doppelt gemoppelt. Ich habe einen Gendefekt, der mit 23 das erste Mal an die Tür geklopft hat. Die Behinderung habe ich anfangs langsam kennenlernen dürfen, sage ich einmal, ehe ich dann einen Unfall gehabt habe, 2018. Damals war es so, dass ich noch ganz normal berufstätig war. Ich hatte keine großen Einschränkungen. Ich habe mich ja nur mit meiner Erkrankung auseinandergesetzt, während ich Schübe gehabt habe. Dazwischen habe ich einfach mein ganz normales Leben gelebt, sage ich einmal. Und das hat man dann auch in der Öffentlichkeit noch relativ gut verbergen können, sage ich einmal. Viele Eltern haben geglaubt, ich habe ein Knieproblem. Ich habe das einfach nie verneint. Ich habe sie einfach nicht aufgeklärt. Wie es dann zum Unfall gekommen ist und ich wirklich plakativ behindert war, war das erst einmal natürlich für mich ein Schock, der sitzen hat müssen, der dann weitergetragen worden ist auch in Freundes- und Bekanntenkreis, die damit umgehen lernen haben müssen oder eben es nicht geschafft haben, damit umzugehen. Und zu guter Letzt, wie dann klar war, dass ich nicht mehr aus dem Rollstuhl rauskomme, war das Thema des Berufes auch ganz groß. Weil ich wäre einfach gerne im Rollstuhl wieder zurückgekommen. Ich hätte gerne meinen Beruf weiter ausgeübt und einfach auch Kindern gezeigt, dass das Leben als Rollstuhlfahrer fast gleich normal ist wie als Fußgeher. Das war aber damals von der Politik leider nicht so erwünscht. Und ich habe mich dann damit abfinden gelernt, indem ich einfach einen Zufluchtsort in meinem Sport gefunden habe, wo ich genommen worden bin, wie ich war. Und zwar derselbe Mensch wie vorher, nur dass er halt jetzt einen Rollstuhl braucht. Ich habe natürlich einiges umlernen müssen, aber die Community im Sport hat mich so hochgehalten und meine Familie hat mir so einen guten Rückhalt gegeben, dass das für mich dann ein guter Weg zu gehen war.
Huainigg: Ich glaube, der Unfall 2018, das war beim Klettern, dass da etwas passiert ist, dass du gestürzt bist? Und es ist schon mal die eigene Auseinandersetzung mit der Behinderung schwierig, aber wenn die Umwelt dann noch so arg reagiert, so wie du es geschildert hast, dass man den Job nicht mehr ausüben kann und Leute aus dem Weg gehen, dann ist es ja doppelt schwierig. Hast du das auch so empfunden? Ist das die Unsicherheit der Menschen, dass sie einem aus dem Weg gehen? Du bist als Mensch ganz gleichgeblieben. Haben sie das nicht verstanden?
Plank: Ja, genau in den Dolomiten bin ich in einen Steinschlag gekommen. Sprich, es war ein radikaler Schritt, dann wirklich in eine starke Behinderung zu kommen. Also meine Familie hat mir sofort Rückhalt gegeben und hat mir klar zu verstehen gegeben, sie unterstützen mich in allem, was ich will. Bei mir war der große Fokus immer auf, ich will wieder gehen lernen und ich werde irgendwann wieder gehen. Und auch wenn das hoffnungslos ausgeschaut hat, meine Familie und meine Freunde haben mich dahingehend unterstützt. Was für mich ganz schwierig war, war tatsächlich, ich habe meine Hündin ja damals schon gehabt, sie war zwar noch kein Assistenzhund, aber war schon in meinem Leben. Und wenn ich mit ihr spazieren gegangen bin, dass einfach Leute auf die andere Straßenseite gegangen sind oder so getan haben, als ob sie mich nicht sehen. Und ich war dann ganz lange unsicher, weil ich nicht gewusst habe, woher kommt das. Habe dann aber irgendwann wirklich gelernt, okay, es ist nicht meine Einschränkung, die ich jetzt habe, sondern es ist die Einschränkung dieser Menschen, die nicht mehr wissen, wie damit umzugehen. Ich habe ihnen dann auch die Freiheit lassen und habe sie dann auch nicht angesprochen, wenn sie mal in die andere Richtung geschaut haben, weil ich mir gedacht habe, entweder sie kommen von sich aus ins Gespräch mit mir oder sie müssen selber noch lernen zu wachsen. Für mich waren die Monate, die ersten Monate auch stetiger Wachstum. Ich habe mich dann aber recht schnell weiterentwickelt. Und inzwischen ist es so, dass natürlich immer noch Leute komisch schauen, Kinder fragen, warum sitzt die Frau im Rolli? Und ich habe dann den anderen Weg genommen. Ich komme jetzt mit einem kleinen Schmäh und kann so die Leute eigentlich ganz gut abholen. Das ist so ein bisschen ein Eisbrecher geworden. Und wenn Eltern dann sagen, so etwas fragt man nicht. Dann bin ich in der Rolle, dass ich dem Kind erkläre, was bei mir Sache ist und den Eltern mit auf den Weg gebe, lasst eure Kinder bitte fragen. Das ist einfach das, was ich über die letzten Jahre als guten Weg für mich gelernt habe, um mit der Situation gut umzugehen.
Huainigg: Ich war auch oft in Schulen und habe mit Kindern diskutiert, wie das ist, behindert zu sein. Was kann man da machen im Rollstuhl? Fernsehen, Kaffee trinken und so. Und dann habe ich gesagt, man kann ja vielleicht auch was anderes machen, unterwegs sein. Habe versucht, es ein bisschen schmackhaft zu machen. Man kann auch rumfahren im Rollstuhl. Besonders bergab kann man sehr schnell fahren. Und dann waren sie irgendwie so begeistert, dass ein Mädchen gesagt hat, ja zu Weihnachten wünsche ich mir auch einen Rollstuhl. Kinder sind immer sehr, scheinbar mit großen Augen sind sehr neugierig. Humor ist ein wichtiger Faktor. Das ist ein Türöffner, so wie du es beschrieben hast. Was ist dein Schmäh? Magst du uns das verraten?
Plank: So ein ganz lapidares Beispiel ist immer wieder, wenn man in ein Café geht oder so und Leute dann so ganz verstohlen schauen, was macht man jetzt mit dem Rollstuhlfahrer und ich
dann immer sage, Sitzplatz brauche ich keinen, weil ich habe meinen eh mit. Solche Sachen sind dann einfach Türöffner für Leute. Ich habe aber eben eine ganz schöne Situation mit einem ehemaligen Krippenkind von mir erlebt, das ich noch in meiner Ausbildung betreut habe. Und ich war, glaube ich, zwei Jahre knapp im Rolli und bin auf einer Wiese gestanden und habe auf meine Freundin gewartet. Und wenn mir langweilig ist, bin ich gerne auf zwei Rädern und nicht auf vier. Und das Kind schreit dann so, oh mein Gott, Mama, schau mal, die Tante Min, die sitzt im Rolli, aber die kann einen Wheelie, das ist ja voll cool. Und da war dann das Eis auch schon gebrochen, weil er hat mich dann gefragt, ob er auch mal einen Wheelie machen darf im Rolli. Und wenn ich die Möglichkeit habe, aus dem Rollstuhl rauszugehen und da war eine Prakbank, dann lass ich es auch zu. Und er hat es dann ausprobiert und war ganz enttäuscht, dass er es nicht hingekriegt hat. Aber das sind eben so Sachen, die es lockerer machen und einfach auch lustig machen.
Huainigg: Du hast gesagt, du hast den Job verloren als Kinderpädagogin, Krippenleiterin, weil es die Politik nicht wollte. Inwiefern ist da die Politik verantwortlich oder ist das die Leitung der Kinderkrippe gewesen? Oder was haben sie dir gesagt, warum geht das nicht? Das muss doch möglich sein, oder?
Plank: Ja, die knallharte Aussage war, du kannst ja wieder kommen, wenn es dir besser geht. Im Endeffekt war ich die Leitung von der Kinderkrippe, war aber Stadtangestellte. Und alles, was in diesem städtischen Gebilde ist, wird über Politik, über Ausschüsse geregelt und damals hat es dann ganz lapidar geheißen, ich komme der Aufsichtspflicht nicht mehr nach im Rollstuhl und deswegen kann ich, solange ich im Rollstuhl sitze, nicht arbeiten.
Huainigg: Als Leiterin gibt es ja auch noch andere Pädagog:innen in der Krippe wahrscheinlich, oder? Dann kann man sich das sicher aufteilen und die Verantwortung teilen. Also du hättest dich schon darüber hinausgesehen, das weiterzumachen?
Plank: Ja, es war so, dass ich die erste städtische Kinderkrippe geleitet habe. Und es war eine eingruppige Kinderkrippe, sprich ich war die Pädagogin für die Kinderkrippe. Ich habe zwei Assistentinnen gehabt. Also ich habe eine Assistentin gehabt, die sowieso vorgesehen war. Und aufgrund von meiner Behinderung habe ich einfach noch zusätzlich eine Stützkraft sozusagen gehabt. Nicht wie man sie im üblichen Sinne für die Kinder kennt, sondern sie war halt meine Unterstützung für Sachen, die ich nicht können habe. Es war aber damals schon, wo ich noch quasi zu Fuß am Weg war, immer wieder mit Eltern problematisch, die gesagt haben, kann die Jasmin überhaupt auf die Kinder schauen. Und ich glaube, dem wollten sie dann aus dem Weg gehen, weil dann hätten sie ja ganz plakativ dazu stehen müssen, dass ich im Rolli die gleiche Arbeit erledigen kann als wie ein Gehender. Wobei ich immer wieder gesagt habe, wenn ich mit Krücken in der Kinderkrippe bin, bin ich wesentlich unflexibler als im Rollstuhl, weil mit Krücken, erstens habe ich mich nicht so schnell fortbewegen können, zweitens, wenn ein Kind sich verletzt hat, geweint hat, traurig war, was auch immer, habe ich das immer zu einem Sitzplatz hinführen müssen. Und jetzt, wie gesagt, habe ich meinen Sitzplatz ja immer mit. Und die Kinder können Pole-Position in der ersten Reihe fahren. Also wäre natürlich für mich kein Problem gewesen. Das ist aber so weit gegangen dann, dass die Politik mir das sogar glaubhaft gemacht hat, dass ich selber daran geglaubt habe, dass ich nicht mehr mit Kindern umgehen kann. Da habe ich allerdings ganz, ganz liebe Freundinnen gehabt, die in der Zeit einfach schwanger geworden sind und dann mir die Kinder aufs Auge gedrückt haben mit der Aussage, eine bessere Babysitterin können wir nicht haben, schau auf mein Kind. Und da habe ich dann erst richtig gesehen, wie viel möglich ist. Ja, es ist anders, als wenn ich zu Fuß gehen kann, aber ich brauche dafür keinen Kinderwagen. Ich bin der Kinderwagen. Also ich komme den Kindern krabbelnderweise ganz leicht nach und im Worst Case gibt es noch eine Latzhose, die hat sich auch als Gold erwiesen. Wenn ein Kind einmal zu schnell krabbelt, dann wird es an der Latzhose geschnappt und dann sitzt es auch wieder im Rollstuhl.
Huainigg: Ja, schade. Ich glaube, es wäre eine große Bereicherung für die Kinder gewesen, das zu erleben und zu erfahren, was möglich ist, auch wenn man im Rollstuhl sitzt. Oft wird ja gesagt, wenn man im Rollstuhl sitzt, dann ist das Leben zu Ende. Aber du bist ja der Beweis, dass es genau das Gegenteil davon ist das. Das Leben beginnt dann. Du hast einen neuen Weg eingeschlagen, bist Sportkletterin geworden, Profikletterin und bist auch im Jänner Europameisterin geworden. Wie war das, dieser Wettbewerb?
Plank: Genau, also letztes Jahr im August war die Europameisterschaft und es war sehr, sehr spannend. Es war die erste Europameisterschaft, seit ich beim Sportklettern bin. Also die letzte Europameisterschaft im Para-Climbing war 2012. Von dem her war das ganz ein neues Format für uns und es war ganz spannende Reise. Ich bin zum Wettkampfort hingefahren, den ich schon von Weltcups gut gekannt habe. Ich habe diesmal, weil ich dort auch meinen Geburtstag verbracht habe, einen Bekannten mitgenommen und wir haben uns da echt eine schöne Zeit gemacht, auch mit der Chiara dann in den Bergen. Und der Wettkampf selber war, ja, hätte einfach nicht besser rennen können. Die Qualifikation ist für mich extrem gut vorangegangen. In dem Wandteil, wo ich mich selber nicht so gut bewegen kann, sind wir alle ziemlich an der gleichen Stelle gefallen. Und im Überhang, wo ich mich einfach daheim fühle, bin ich ihnen dann davon geklettert und habe mir da schon den ersten Platz sichern können. Und im Finale werden dann bei uns die Karten quasi neu gemischt. Und am Vorabend war schon mein Gedanke so, es könnte spannend werden, sollten wir auf die Speedwand kommen, eben genau die Wand, mit der ich nicht so gut zurechtkomme. Aber ja, ich werde mein Bestes geben und vielleicht habe ich ja das Glück auf meiner Seite. Und dann hat der Wettergott mir geholfen. Wir sind in der Früh aufgestanden und es war extrem neblig. Und es war so neblig, dass es wirklich wie im Sommer, wenn man durch einen Sprühregen durchgeht, sich bewegt. Und ja, wir haben uns dann nichts dabei gedacht, dass das irgendwie wettkampfrelevant sein könnte, und sind zum Aufwärmen gegangen. Und kurz bevor die erste Kategorie, das sind bei uns meistens die Blinden und Sehbeeinträchtigten, abgeholt worden sind, zum Wettkampfort zu gehen, ist dann der Chef gekommen und hat uns gesagt, dass der Wettkampf zurzeit nicht stattfinden kann. Aufgrund von dem Hochnebel sind die Wände nass, sind die Griffe nass und sie haben jetzt zwei Stunden als Zeitfenster. Wenn in den zwei Stunden, wenn sie die Griffe trocknen können und der Hochnebel sich ein bisschen verflüchtigt, können wir starten und ansonsten wird es ein Countback-Ergebnis geben. Das heißt, dann gibt es kein Finale, dann ist der, der im Wettkampf der Bessere war, der Erstplatzierte, Zweiter, Dritter, je nachdem. Und ja, dann sind wir in der ISO gehockt und haben gewartet. Eine halbe Stunde bevor das dann zu Ende gehen hätte sollen, ist dann wieder dieser Head-Of gekommen und hat uns erklärt, der Wettkampf findet statt. Die Ersten werden in einer halben Stunde abgeholt und dann nach Zeitplan. Dann habe ich gesagt, okay, gut, dann fange ich wieder an, mich aufzuwärmen und herzurichten. Und ich habe immer wieder Züge versucht zu simulieren, die auf dieser Speedwand sind. Und irgendwann kommt eine Athletin, die eigentlich sich mit mir die Route teilen hätte sollen, und sagt, Jasmin, change your warm-up system. Nobody is on the speed wall. Also, wechsel dein Aufwärmsystem, weil es ist einfach niemand an der Speedwand. Und ich habe es zuerst nicht geglaubt. Und ich so, really? Und dann hat sie gesagt, ich soll rausgehen und soll schauen. Und dann haben sie eine Liste aufgelegt. Die Speedwand war tatsächlich zu nass und war nicht mehr zu retten. Jetzt haben sie alle Athleten auf die anderen vier Routen im Überhang gelegt. Ich bin dann da gehockt und war in einem inneren Frieden, weil irgendwie habe ich gewusst, okay, jetzt bin ich Europameister. Drei Stunden später war es dann auch so weit. Ich habe klettern dürfen und ich habe tatsächlich mit meinem Klettern auch den höchsten Punkt erreicht aller Klassen, die an der Route klettern haben dürfen und war dann einfach nur überglücklich, dass ich den Europameistertitel mit heimnehmen durfte.
Huainigg: Ja, super, Gratulation. Von höheren Mächten auch unterstützt, sozusagen. Wie darf man sich das Para-Klettern vorstellen? Du ziehst dich nur mit deinen Händen hoch und du bist ja vorher schon geklettert. Was ändert sich da am Körpergefühl?
Plank: Ich habe das Klettern tatsächlich schon beim ersten Mal, wie ich Klettern gelernt habe, mit meiner Beeinträchtigung erlernt. Damals war nur der linke Fuß betroffen, der halt nicht so einsatzfähig war wie gewünscht. Und nach meinem Unfall habe ich tatsächlich einfach von Null angefangen, das Klettern neu zu lernen. Ich darf noch meine Füße an die Wand stellen. Ich habe das aber erlernt einfach über den Bauch. Also ein ganz anderer Ansatz. Meine Physiotherapeutin hat mir nach meinem Unfall erklärt, das Wichtigste, was du jetzt im Moment hast, ist dein Bauch, deine Körpermitte, dein Bauchgefühl. Und an dem arbeiten wir. Tatsächlich bis zum Erbrechen. Und das wortwörtlich. Und ich mache jetzt eigentlich niemandem mehr was vor. Also mit Bauch-Workouts legt sich einmal keiner mehr mit mir an. Ich kann jetzt eben über meinen Bauch, die Füße anstellen und auf den Tritt stellen. Ich habe da einfach das Vertrauen, dass wenn ich den Fuß auf den Tritt hinstelle, dass der da auch steht. Ich spüre es ja nicht. Das heißt, ich schaue visuell, wo muss der Fuß hin und stelle den Fuß da hin und vertraue dann einfach, dass er dasteht und stehen bleibt. Und dann ist es wirklich eine Technik, um dich voran zubewegen. Das meiste kommt bei mir aus dem Oberkörper, aus den Händen, aus dem Bauch. Und wenn ich wirklich richtig stehe, kann ich auch die Streckspastik nutzen, um durchzustrecken und weiterzukommen. Das passiert so zwei-, dreimal in einer Route, ist aber eben auch mitunter der Grund, warum ich so viel Zeit im Training verbringe, einfach um meine Technik immer besser und mehr auszufeilen.
Huainigg: Ja, das ist cool, dass du deine Spastik auch nutzt zum Klettern. Bei mir ist es ja auch so, ich bin auch spastisch und mir werden immer wieder so Tabletten verordnet, empfohlen, ich soll das nehmen. Aber ich finde, das passt eigentlich sehr unterstützend, vor allem beim Umsetzen vom Bett in den Rollstuhl, dass der Assistent mich leichter umhebeln kann quasi, in den Rollstuhl. Wie ist das, du hast ja beworben für das Casting. Wir haben Menschen mit Behinderungen gesucht, die in der Werbung, in Filmen präsent sein wollen, um die Inklusion zu fördern. Dass es auch Normalität wird, wenn Menschen mit Behinderungen einfach ganz normal in der Werbung und in Filmen vorkommen. Was war deine Motivation, an dem Casting teilzunehmen?
Plank: Ja, bei mir war es tatsächlich einfach so ein bisschen Spaß an der Freude, mich da zu bewerben. Ich finde, ich habe einfach als Kind und als Jugendliche ganz viel im Theater gespielt. Ich habe dann in meiner Jugendzeit die Zeit im Jugendrotkreuz verbracht und da waren die Jugendlichen dann auch oft die Opferdarsteller für Einsätze, die geprobt worden sind. Und das hat mir einfach richtig, richtig Spaß gemacht. Und dann habe ich mir gedacht, ich bewirb mich da jetzt dafür. Allerdings war meine Intention auch immer dahinter, dass der Mensch mit Behinderung nicht als solches unbedingt im Vordergrund stehen muss, sondern dass es einfach ganz normal ist, dass wir in einer Werbung dabei sind, keine Ahnung, werben für Sportklamotten zum Beispiel. Einfach, ja, ich sitze im Rolli, aber okay, ich habe coole Sportklamotten und mache das und das. Einfach, dass die Leute lernen, es ist normal, dass es Menschen gibt mit Handicap und es muss nicht immer separat diskutiert werden. Ich finde auch dieses Thema Inklusion total cool, dass es in aller Munde ist, aber wir müssen es leben. Es soll nicht nur darüber geredet werden, sondern es sollte einfach gelebt werden.
Huainigg: Ich habe eine Frage, die mich sehr interessiert. Du kannst auch gehen jetzt mit Orthesen. Was ist das genau? Wie funktioniert das? Beim Casting, wo ich auch dabei war, hast du erzählt, dass du drei Kilometer gegangen bist?
Plank: Ja genau, tatsächlich war das eine Woche vor der Europameisterschaft, wie ich meine Orthesen endlich in den Händen gehalten habe. Ich habe tatsächlich zwei Jahre lang versucht, gehen zu lernen auf normalem Weg, dass ich einfach ohne Hilfsmittel wieder gehen kann. Nach den zwei Jahren habe ich insofern aufgegeben, als dass ich gewusst habe, ich werde ohne Hilfsmittel nicht mehr gehen können. Und habe mich dann auf die Suche gemacht nach unterstützenden Hilfsmitteln, die mir bei meinem Weg helfen können. Und bin dann auf die C-Brace Orthesen gekommen. Die sind elektronisch gesteuert, werden eigentlich über einen Hüftbeuger und über einen Hüftstrecker angesteuert. Ich habe leider keinen Hüftstrecker mehr. Bei mir hat die Aufgabe aber jetzt der Rückenstrecker übernommen. Und dadurch kann ich jetzt mit den Orthesen gehen. Und du sagst es, damals beim Casting waren es nur drei Kilometer. Letzte Woche habe ich meinen neuen Highpoint gesetzt mit 11,5 Kilometer und das am Berg. Also es war richtig, richtig cool. Das ist eben so mein zweites Challenging. Ich möchte gerne wieder zu meinem Unfallort zurückkommen. Der ist in den Dolomiten am Berg und daraufhin trainiere ich jetzt gerade ein bisschen, dass ich da dann wieder zurückgehen kann, um einfach nochmal einen versöhnlichen Abschluss mit meinem Unfall machen zu können.
Huainigg: Also du gehst da wirklich so querfeldein und bergauf und durch die Lande. Das ist schon unglaublich. Hoffentlich geht der Akku nicht aus. Was tust du dann?
Plank: Ja, wie soll ich sagen, ich bin eine kleines Tiroler-Madel. Ich bin in den Bergen aufgewachsen und es hat mich auch mit dem Rolli nicht losgelassen. Also ich war auch mit dem Rollstuhl am Berg, habe mir da immer Kinderwagenwege gesucht und habe halt immer Unterstützung mit dabeigehabt, falls ich einmal hängen bleibe. Und genau dasselbe mache ich jetzt mit den Orthesen. Ich gehe immer mit Freunden und wenn ich mal wo hängen bleibe, habe ich zwei, vier, sechs helfende Hände, die mir weiterhelfen. Aber es ist einfach so schön am Berg. Und wenn man vom Berg dann ins Tal schaut, ja, da merkt man einfach, wie klein manche Probleme sind. Und das ist das, was die Berge für mich so schön macht, weil es einfach so viel relativiert im Leben. Und das andere ist, natürlich freue ich mich über jeden neuen Meilenstein, wo jeder geglaubt hat, das werde ich eh nicht mehr sehen.
Huainigg: Super. Also ich glaube als Assistentin wärst du großartig. Also vom Humor her würden wir uns gut verstehen. Und du hast noch einen zweiten Vorteil als Assistentin. Weil du würdest noch einen Assistenten mitbringen. Assistenz und Chiara. Es gibt im Podcast ja immer eine Challenge zu bewältigen. Und zwar habe ich mir eigentlich für die Chiara überlegt, dass sie zum Beispiel das Licht anschaltet oder die Tür aufmacht oder dass sie, wenn ich zum Beispiel in einer Notsituation bin, wenn ich keine Luft kriege, dass sie eine Laut gibt. Glaubst du, wäre das möglich?
Plank: Ich denke, wir können uns Chiara auf alle Fälle teilen, wenn ich bei dir arbeite. Chiara macht das ganz super mit dem Licht ein- und ausschalten. Und auch das Türöffnen hat sie ganz super drauf. Auch wenn sie ein bisschen kleiner ist, als wie es für einen Assistenzhund geplant ist, hat sie auch Tricks lernen dürfen, dass sie trotzdem die Aufgaben bewältigt. Und im Notfall, wenn du keine Luft kriegen kannst, könnte sie dann einfach entweder einen Notfallbutton betätigen oder in meinem Fall, wenn ich Hilfe brauche, holt sie einfach ein Handy und ich kann dann wen anrufen. Also das macht sie ganz super. Also ich denke mal, wir können sie für die Zeit, wo ich bei dir arbeite, definitiv ein bisschen teilen.
Huainigg: Ja, cool. Da freue ich mich drauf. Das ist eine ganz neue Erfahrung. Ich vertraue darauf, dass das gut funktioniert. Und ich würde sagen: Challenge geschafft!
Plank: Oh yeah, ich habe gar nicht gewusst, wie einfach man einen Job kriegt. Man braucht nur einen Assistenzhund. Ich freue mich extrem über unsere Zusammenarbeit. Ich glaube, unser Humor ist tipptopp passend und den Rest erledigt dann einfach Chiara. Dann kriege ich Geld und sie arbeitet. Das ist total cool.
Huainigg: Ich freue mich. Vielen Dank fürs Kommen. Alles Gute.
