Betrifft: Geschichte

Braune Westen weißgewaschen. Entnazifizierung in Österreich. Mit Oliver Rathkolb, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien. Gestaltung: Sabrina Adlbrecht

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stand auch Österreich vor dem Problem, wie man mit ehemaligen Nationalsozialisten umgehen soll. Die Überwindung der nationalsozialistischen Ideologie auf politischer, administrativer und gesellschaftlicher Ebene war für die alliierten Siegermächte Grundvoraussetzung des neuen, eigenständigen Österreich und somit eine der dringlichsten Aufgaben der ersten Nachkriegsjahre.

Die entsprechenden Maßnahmen fallen unter den Begriff Entnazifizierung. Bereits im Mai 1945 verabschiedete die Provisorische Staatsregierung ein Gesetz, das die NSDAP und alle ihr angeschlossenen Organisationen verbot. Als strafrechtliche Ergänzung dazu wurde ein Kriegsverbrechergesetz erlassen. Alle ehemaligen NSDAP-Mitglieder - und das waren in Österreich mehr als eine halbe Million Menschen - mussten sich registrieren lassen und waren von der Parlamentswahl 1945 ausgeschlossen.

Wenig später wurde das Nationalsozialistengesetz erlassen, das die registrierten Nazis in Kriegsverbrecher, Belastete und Minderbelastete einteilte. In dieser ersten Phase der Entnazifizierung wurden Tausende "Ehemalige" vor allem aus dem Öffentlichen Dienst entlassen - die meisten davon nur vorübergehend. Über 130.000 Fälle wurden gerichtlich verfolgt, und es wurden 43 Todesurteile ausgesprochen.

Für hochrangige NS-Funktionäre richteten die Alliierten Anhaltelager ein, die aber vielfach - anstelle der gewünschten ideologischen Umerziehung - die Märtyrer-Haltung bei den Inhaftierten förderte und verfestigte. Bereits 1949, durch eine Amnestie für Minderbelastete, waren viele ehemalige Nazis wieder wahlberechtigt. 1957, zwei Jahre nach dem Staatsvertrag, wurden auch die Schwerbelasteten amnestiert.

Der Prozess der Entnazifizierung war von Anfang an geprägt von Interessenskonflikten und emotional geführten Diskussionen. Nicht zuletzt hat der Mythos Österreichs als "erstes Opfer Hitlerdeutschlands" eine konsequente Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit erschwert - mit Folgewirkungen bis heute.

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