Gedanken für den Tag

16. Februar 2011, 06:57

Christine Hubka ist evangelische Theologin, Pfarrerin i. R. und Schriftstellerin.

Rote Rosen und Lebkuchenherz sind mögliche Zeichen für Liebe. Es kann aber auch Liebe sein, wenn der große Bruder zum kleinen sagt: "Du darfst ganz lange nicht mehr in mein Zimmer kommen." Denn Liebe treibt bunte Blüten.
Am Valentinstag und an den darauffolgenden Tagen erzählt Christine Hubka Alltagsgeschichten, die - vielleicht erst auf den zweiten Blick - von der Liebe handeln. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Marianne liebt ihre Arbeit und schätzt ihre Kolleginnen und Kollegen. Sie sind ein gutes Team. Der Umgangston ist freundschaftlich. Man unterstützt einander nach Kräften.
 
Aber einmal im Monat zerfällt die Gemeinschaft in lauter Einzelne, die einander misstrauisch betrachten. Es ist der Tag, an dem die Nachtdienste und Wochenenddienste für den kommenden Monat verteilt werden. Besonders schlimm ist es vor Feiertagen und langen Wochenenden. Jeder und jede hat gute Gründe, warum es zu einem bestimmten Termin absolut nicht geht, den Dienst zu übernehmen. Die Argumente drehen sich im Kreis. Die Angst, übrig zu bleiben, einen ungeliebten Termin auszufassen, am Ende der Dumme zu sein, prägt die Stimmung. Diese Angst frisst die Freundschaft auf und die kollegiale Zuneigung.
 
An den Tagen der Diensteinteilung würde Marianne am liebsten zu Hause bleiben. Aber dann müsste sie die Dienste nehmen, die übrig bleiben. Sie überlegt, wie die Situation entschärft werden könnte. Für die kommenden Feiertage macht sie eine Liste mit allen nötigen Diensten. Zu Beginn der Sitzung legt sie die Liste auf den Tisch und sagt: "Bevor wir zu diskutieren beginnen, soll jeder erst einmal die Dienste eintragen, die er gerne und leicht übernehmen kann."
 
Sie reicht das Blatt herum. Als die Liste zu Marianne zurück kommt, sind bis auf einen alle Termine besetzt. Auch für diesen letzten findet sich nach kurzem Überlegen jemand. Alle sind zufrieden. Das Team freut sich über die gelungene Aufteilung. Man bedankt sich bei Marianne für diese neue, eigentlich ganz einfache Vorgangsweise.
 
Liebe sucht und findet neue Lösungen für alte Schwierigkeiten.

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