Da capo: Im Gespräch

In memoriam Jorge Semprún:
"Meine einstige Hoffnung auf eine kommunistische Revolution würde ich heute bekämpfen." Michael Kerbler spricht mit Jorge Semprún, spanischer Schriftsteller (Erstausstrahlung: 14. Dezember 2006)

Jorge Semprún trug den Tarnnamen "Gérard" und kämpfte als Spanier in der französischen Widerstandsbewegung "Résistance" gegen die Naziherrschaft. Er wurde gefangen genommen und ins KZ Buchenwald deportiert. Er überlebte, wurde am 12. April 1945 befreit und kehrte nach Paris zurück.

Semprún organisierte von der französischen Hauptstadt aus den Widerstand gegen die Franco-Diktatur und baute die spanische Exil-KP auf. Doch wegen seiner Kritik am stalinistischen Terror wurde er 1964 aus der Partei ausgeschlossen. Da hatte Jorge Semprún schon zu schreiben begonnen und seinen ersten großen Roman - eine autobiografische Erzählung - publiziert. Romane, aber auch zahlreiche Filmdrehbücher - darunter das Drehbuch für "Z" von Costa Gavras - verfasste Semprún, der 1988 vom spanischen Premierminister Gonzales als Kulturminister in die Regierung berufen wurde. Doch nach drei Jahren nahm Semprún Abschied von der Politik und widmete sich wieder dem Schreiben. Im Jahr 1996 wurde er Mitglied der Académie Goncourt. 2003 wurde er mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.

Drei Jahre später - im Jahr 2006 - Jahr wurde Jorge Semprún der "Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur" zuerkannt. "Als Schriftsteller, Intellektueller wie als Politiker zählt Semprún zu den bedeutendsten Gestalten des zwanzigsten Jahrhunderts", begründete der damalige Kunststaatssekretär Franz Morak die Preisverleihung, die auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben wurde. Die Bücher des am 10. Dezember 1923 in Madrid geborenen Autors seien "vielschichtige Konfessionen aus den Zeiten des Exils, des Widerstands und der Vernichtungslager, aus der Epoche des Nazismus und des sowjetischen Totalitarismus. Sie gehören zu den Meisterwerken der Erzählkunst des zwanzigsten Jahrhunderts".

Michael Kerbler hat Jorge Semprún anlässlich seines 83. Geburtstags in Paris besucht, um mit ihm über das Gedächtnis der Literatur zu sprechen, über die Zukunft Europas und die Entwicklung des Islam zu debattieren.

Jorge Semprún ist am Dienstag im Alter von 87 Jahren in Paris verstorben.

Service

Jorge Semprún, "Die große Reise", Suhrkamp Taschenbuch, ISBN 3-518-37244-0

Jorge Semprún, "Was für ein schöner Sonntag", Suhrkamp, ISBN: 978-3-518-04243-4

Jorge Semprún, "Der Tote mit meinem Namen", Suhrkamp Taschenbuch, ISBN: 978-3-518-45549-4

Jorge Semprún, "Zwanzig Jahre und ein Tag", Suhrkamp Taschenbuch, ISBN 3-518-45783-7

Franziska Augstein, "Von Treue und Verrat: Jorge Semprún und sein Jahrhundert", Biographie, C.H.Beck Verlag, München, ISBN: 978-3-406-57768-0

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