Gedanken für den Tag

von Julian Heidrich. "Warum wahre Helden nie die Autobahn nehmen"

Julian Heidrich ist Musiker, Texter und Jungredakteur. Im Winter 2010 zählte er zu den Finalisten der ORF-Show "Helden von Morgen".

In den "Gedanken für den Tag" erzählt der 19-Jährige Anekdoten aus dieser Zeit und welche Erkenntnisse er daraus für sein eigenes Leben gewonnen hat: wie wichtig ist es, Helden zu haben, zahlt es sich aus, selbst einer zu werden und wenn ja, wie geht man das am besten an? Ein sehr persönlicher und etwas anderer Blick hinter die Kulissen einer großen Castingshow und in den Kopf eines 19-Jährigen, der in dieser Welt Fuß zu fassen versucht.
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

"Die Menschen sehen nur das, was sie noch alles haben und bekommen könnten, schätzen aber nicht was sie haben, bis sie es verlieren", hat der amerikanische Musiker Jimi Hendrix einmal gesagt.
Nachdem ich endlich meinen Führerschein hatte, habe ich vor einigen Wochen mein erstes Auto bekommen: genau das, das ich immer schon wollte. Und dann letzten Dienstag: Ich parkte es neben einem Baucontainer. Ein paar Stunden später kam ich dann zurück aus dem Studio und neben dem Baucontainer - keine Spur von meinem Auto. Jetzt erst sah ich das Parken verboten Schild. Also rief ich die MA 48 an, wurde weitergeleitet zum Abschleppunternehmen, dann zur Polizei, zur Feuerwehr und wieder zurück. Überall bekam ich die selbe Antwort: Keine Spur von meinem Auto. Offenbar war es gestohlen worden.

Ich lief los. Es schüttete wie aus Kübeln, ich hatte mich selten so mies gefühlt. Weil ich am Weg an der Gasse vorbeilief, in der ich geparkt hatte, drückte ich noch mal wie verrückt auf die Aufschließen Taste des Autoschlüssels in der Hoffnung es vielleicht doch noch irgendwo zu finden. Und plötzlich: die zwei Vorderlichter meines Autos blinkten auf. Es stand 40 Meter weiter oben neben einem anderen Baucontainer. Ich hatte einfach vergessen, wo ich geparkt hatte.
 
Pitschnass wieder zu Hause angekommen, habe ich gesagt: "Mama wir haben ein neues Auto". Und genau so hat es sich auch angefühlt - wie ein Geschenk.
Ich finde es schade, die schönsten Dinge immer nur dann zu feiern, wenn ich sie neu bekomme. Deswegen suche ich mir seit damals jeden Tag ein Ding, ein Gefühl oder eine Person, die ich als selbstverständlich ansehe und tue so, als hätte ich sie ein paar Stunden irgendwo falsch geparkt. Manchmal fallen mir dann die schönsten und buntesten Erinnerungen ein und ich merke wie nackt ich ohne sie wäre.
 
Man kann vielleicht nicht verhindern, dass man eines Tages ohne sie leben muss, aber wenn man sich lange genug bewusst darüber freuen kann, mit ihnen zu sein, dann ist der Abschied am Ende hoffentlich nicht mehr so schwer. Und vielleicht denke ich dann wie der indische Dichter Rabindranath Tagore, der einmal geschrieben hat: "Schöne Tage - nicht weinen, dass sie vergangen, sondern lächeln, dass sie gewesen."

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Titel: GFT 110714 Gedanken für den Tag / Julian Heidrich
Länge: 03:46 min

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