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"Es kommt alles wieder, was nicht bis zu Ende gelitten und gelöst ist". Eine deutsch-polnische Liebesgeschichte, erzählt von Judith Brandner

Im Juli 2006 lernen einander Uwe von Seltmann und Gabriela Maciejowska im traditionsreichen Cafe Singer in Krakau kennen und lieben. Ein Jahr später heiraten sie. Uwe ist 42, Gabriela 35.

Lothar von Seltmann, Uwes Großvater, war in der Waffen-SS an der Niederschlagung des jüdischen Aufstands im Warschauer Ghetto 1943 beteiligt. Er arbeitete im Stab des SS- und Polizeiführers Lublin, Odilo Globocnic, an "volkspolitischen Maßnahmen" in Galizien mit, war Mitarbeiter der volksdeutschen Mittelstelle und hatte Propaganda für "Umsiedelungsaktionen" gemacht. Ein Täter, der irgendwo verschollen ist; vermutlich beging er kurz vor Kriegsende Selbstmord.

Das alles wusste Uwe von Seltmann, als er Gabriela kennenlernte. Seine Rechercheergebnisse hat er schon 2004 im Buch "Schweigen die Täter, reden die Enkel" niedergeschrieben. Gabriela wusste über ihren Großvater Michal Pazdanowski weniger, Täter- und Opferfamilien gleichermaßen hatten den Mantel des Schweigens über die Vergangenheit gebreitet.

Uwe und Gabriela haben das Tabu in ihren Familien gebrochen. Ein schmerzhafter Prozess für beide Seiten. Seit sie einander kennen, widmen sie ihr Leben der Recherche nach Michal Pazdanowski. So intensiv ist ihre Beschäftigung mit der Vergangenheit, dass sie heute am Ende ihrer finanziellen, aber auch psychischen Kräfte angelangt sind.

Im Frühjahr 2012 soll in Deutschland und in Polen jeweils ein Buch mit der Geschichte der beiden Großväter erscheinen. Doch ob die Recherche damit beendet ist, bleibt offen.

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