Gedanken für den Tag

von Hedwig Pirker-Partaj. "Über Familie und andere Heimsuchungen"

Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein Dorf. Um Gott auf der Erde zu empfangen, müssen die Menschen zusammenarbeiten. Wenn viele den Himmel hochhalten, wird keiner müde, heißt es in Sprichwörtern. Die evangelische Theologin Hedwig Pirker-Partaj erzählt ungewöhnliche Familien- und Menschheitsgeschichten - von der Zeit Jesu bis heute.
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

"Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen" (Markus 10,13-16) - eine recht bekannte Stelle in der Bibel, im Markusevangelium - bei vielen Taufen wird sie vorgelesen und dann wird oft darüber gesprochen, dass wir erwachsene Menschen sein sollen wie die Kinder. Aber man kann den Satz - sowohl in der griechischen Ursprache als auch im Deutschen - auch anders verstehen: Nämlich als Aufforderung, das Himmelreich so anzunehmen, wie man ein Kind annimmt. Und Jesus von Nazareth, so wie die Bibel von ihm erzählt, zeigt es ja vor: Er spielt mit den Kindern, er herzt sie, er widmet ihnen Zeit und Aufmerksamkeit.

So betrachtet, wird das Reich Gottes mit einem Kind verglichen. Ein Kind anzunehmen und aufzuziehen braucht viel: Liebe, Geduld, durchwachte Nächte, Sorgen, Geld, eine gesunde Portion Humor und gute Nerven.

Um ein Kind aufzuziehen braucht es ein ganzes Dorf, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Das kann niemand alleine machen. Niemand kann alleine das Reich Gottes auf Erden errichten - da braucht es Zusammenarbeit und tragfähige Gemeinschaften. Wenn viele den Himmel hochhalten, wird niemand müde, besagt ein anderes Sprichwort.

Als Maria erfahren hat, dass sie schwanger ist, macht sie sich auf den Weg: zu Elisabeth, ihrer Tante. Das ist eine Frau, die lange und scheinbar vergeblich auf ein Kind gewartet hat. Bei ihr lernt Maria sich über das Kind in ihrem Bauch zu freuen, weil sie nicht mehr auf sich allein gestellt ist, weil die ständige Überforderung weicht, ist plötzlich wieder Platz für die Freude über dieses Kind.

Eine andere Geschichte erzählt von Josef, ihrem "angetrautem" Mann. Er hat einen Traum, der ihm dazu rät, bei Maria zu bleiben und zu ihr zu stehen, auch dann, wenn manche Fakten scheinbar dagegen sprechen. Und er bleibt bei ihr, Josef steht zu seinem Traum.

Frauen, die einander vertrauen und die Freude am Leben feiern - auch dann, wenn es nicht leicht ist. Ein Mann, der zu seinen Träumen und zu seiner Liebe steht. Das sind - so lese ich in der Bibel - Schritte, die die Ankunft Gottes auf Erden vorbereiten. Nicht im Alleingang, sondern gehalten in einem Netz von tragfähigen Beziehungen, sind Menschen befähigt, das Reich Gottes schon hier und jetzt aufzubauen.

Service

Buch, Hedwig Pirker-Partaj, Schatzsuche. Kalender für das ganze Jahr von Dezember bis November, Verlag Ennsthaler

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Sendereihe

Playlist

Titel: GFT 111210 Gedanken für den Tag / Hedwig Pirker-Partaj
Länge: 03:49 min

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