Gedanken für den Tag

5. Jänner 2012, 06:56

"Wir sind in diese Welt geworfen ohne gefragt zu werden, ob wir dies wollen". Mit so einer Aussage, die wohl kaum anzufechten ist, beginnt das Credo der Existentialphilosophie. Doch schon die Fortsetzung "und wir sind hier so alleine gelassen" sei fraglicher, meint der Physiker Walter Thirring und führt aus: "Soll das heißen, dass es im Universum keine weiteren Lebewesen gibt, so übersteigt dies unser Wissen. Es soll wohl eher heißen "von Gott keine Spur", was aber einer eingehenderen Diskussion bedarf. Aber sicher ist, dass wir auf unserer Reise ein wertvolles Geschenk, unseren Verstand, mitbekommen haben."

In den "Gedanken für den Tag" geht der österreichische Physiker der Frage nach, inwieweit dieser Verstand hilft, sich in dieser Welt zurechtzufinden.

Der Monotheismus hat zunächst eine weitere für die Menschheit wichtige Erkenntnis gebracht: Wenn es nur einen Gott gibt, dann muss es auch eine allgemein gültige Verhaltensregel geben, der alle, unabhängig von Herkunft, Stand und Alter unterworfen sind. Um ihre Verbindlichkeit zu unterstreichen wurde sie Moses am Berg Sinai von Gott übergeben. Es fängt schon an: "Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben mir".

Dies wird vielfach als Zeichen der religiösen Intoleranz gesehen. Mir scheint es eher die Grenzen der Toleranz zu zeichnen. "Everything goes" geht eben in den zwischenmenschlichen Beziehungen nicht, manche Grenzen dürfen nicht überschritten werden. Diese Grenzen werden schön in einem Erlass der Donaumonarchie unterstrichen, der sinngemäß lautet: "Wer auf einen Parlamentarier schießt bekommt 10 Jahre, wer auf den Parlamentspräsident schießt bekommt 20 Jahre und auf den Kaiser darf überhaupt nicht geschossen werden."

Natürlich müssen solche Regeln nach Jahrtausenden den völlig neuen Lebensumständen angepasst werden. So sind auch Religionen, Glaubensbekenntnisse, Gottesvorstellungen in Laufe der Geschichte immer wieder neu interpretiert und reformiert worden, Ursprüngliches wurde manchmal wiederentdeckt, Neues hinzugefügt, manches zurückgelassen. Und immer wieder gab es prägende Gestalten, die den Menschen einen neuen Blick auf Gott ermöglichten - wie Jesus von Nazareth.

Service

Buch, Walter Thirring, "Lust am Forschen - Lebensweg und Begegnungen", Seifert-Verlag
Buch, Walter Thirring, "Kosmische Impressionen. Gottes Spuren in den Naturgesetzen", Seifert-Verlag
Buch, Johannes Huber und Walter Thirring, "Baupläne der Schöpfung. Hat die Welt einen Architekten?", Seifert-Verlag

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