Salzburger Nachtstudio

Verordnete Wahrheit - bestrafte Gesinnung. Zur problematischen Beziehung von Geschichte und Rechtsprechung. Gestaltung: Ewald Hiebl

Seit Ende 2010 besagt ein EU-Rahmenbeschluss, dass ein einmal per Gerichtsbeschluss festgestellter Völkermord - wie in den Fällen Armenien oder Bosnien geschehen - nicht mehr in Frage gestellt werden darf. Zweifel daran werden gerichtlich verfolgt. Das sorgt für heftige Kritik von Intellektuellen.

Namhafte europäische Historiker/innen forderten unter dem Motto "Geschichte ist keine Religion. Geschichte ist kein Objekt der Rechtsprechung", diese Meinungsparagrafen wieder aus dem Gesetzbuch zu streichen.

Der Wiener Historiker und Publizist Hannes Hofbauer hat dieser Thematik ein neues Buch gewidmet: "Verordnete Wahrheit, bestrafte Gesinnung" heißt es und widmet sich der "Rechtsprechung als politisches Instrument".

Als problematisch sehen die Kritiker des EU-Rahmenbeschlusses vor allem dessen Instrumentalisierbarkeit. Sie stellen aber auch ausdrücklich fest, dass die Leugnung des Holocaust und NS-Verbrechen gegen Juden und Roma weiterhin eine Straftat darstellen sollen, weil es sich dabei um einzigartige Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehandelt hat. Damit wird einem neuen Geschichtsrevisionismus vorgebeugt.

Interviewpartner:
Hannes Hofbauer, Historiker und Publizist, Wien; Winfried Schulze, Historiker, Bochum/Essen (D); Berthold Unfried, Historiker, Wien; Alfred Reiterer, Sozialwissenschaftler, Wien; Oliver Rathkolb, Zeithistoriker, Wien; Mihran Dabag, Institut für Diaspora- und Genozidforschung an der Ruhr-Universität Bochum (D); Constantin Goschler, Zeithistoriker, Bochum; Manfred Nowak, Rechtswissenschaftler, Wien

Service

Literatur:

Hannes Hofbauer, Verordnete Wahrheit - bestrafte Gesinnung. Rechtsprechung als politisches Instrument, Wien: Promedia Verlag 2011.

Winfried Schulze, Erinnerung per Gesetz oder "Freiheit für die Geschichte"?, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 59 (2008), H. 7-8: Erinnerungsgeschichte, S. 364-381

RAHMENBESCHLUSS 2008/913/JI DES RATES vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

Sendereihe