Da capo: Tonspuren

Eine Scheißjugend. Der Schriftsteller Andreas Altmann. Feature von Philip Scheiner

"Jeden von uns plagen Träume", schreibt Andreas Altmann auf seiner Internetseite. Nach abgebrochenen Studien arbeitete er als Privatchauffeur, Anlageberater, Nachtportier, Parkwächter, Dressman. Er wurde Schauspieler. Dann wollte er Maschinenbauschlosser werden. Er reiste nach Asien und Afrika. Zog nach New York. Nach Mexiko. Und wurde Reiseschriftsteller. Den "bekennenden Flüchtling" treibt es in die weite Welt, fort vom "Alltagsmief".

Der Alltag war lange Jahre sein Feind, verkörpert durch seinen Vater: Der Kriegsheimkehrer hatte jede freigeistige Ambition zugunsten einer geerbten Lebensaufgabe verworfen, er wurde Rosenkranz-Grossist. Im Wallfahrtsort Altötting. Verkaufte Devotionalien jeder Façon, bis hin zum "geweihten Blech". Und quälte seine Söhne, namentlich den jüngsten, Andreas, nach allen Regeln des Sadismus - Schläge, Erniedrigungen, Hass, Tobsucht, Arbeitsdienst. Der Vater war als Wrack aus dem Krieg gekommen, nun sollte der Sohn dafür büßen.

Andreas Altmann beschreibt in seinem Buch "Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend" seine Jahre des Aufwachsens unter lebensfeindlichen Bedingungen, in einem rein bigotten Soziotop, in einer Sprache, die selbst zum Gewaltopfer wird - verstümmelt, hart und voller Zorn. Am Pranger steht nicht allein die Atrozität des Vaters, sondern die Scheinheiligkeit selbst, die jede Lebenslust und jeden Traum in ihm beinahe erstickt hätte.

Service

Andreas Altmann, "Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend", Piper, 2011

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