Gedanken für den Tag

Von Katja Sindemann. "Götterspeisen" - Religiöse Festgerichte und ihre Botschaft. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Ob Käseblintzes, Pfingstmilch, Halim oder Modaka - Religiöse Festtage sind meist traditionell auch mit bestimmten Speisen verbunden. Gab es dafür ursprünglich jahreszeitliche, bzw. geoklimatische Gründe, wurden die Speisen im Laufe der Zeit oft auch religiös interpretiert. Selbst wenn die Symbolik mehr dem Volksbrauch als der jeweiligen Theologie entsprach, so enthielt sie doch eine wertvolle spirituelle Lehre.

Die Religionswissenschaftlerin Katja Sindemann schaut den Religionen in ihre Kochtöpfe und lädt in den "Gedanken für den Tag" zu einem kulinarisch-theologischen Streifzug ein.

Pfingsten

Zu Pfingsten, 50 Tage nach Tod und Auferstehung des Jesus von Nazareth, wird in christlichen Kirchen gefeiert, dass der Geist Gottes, der Heilige Geist,  über die Jüngerinnen und Jünger Jesu gekommen ist, als sie sich zum jüdischen Wochenfest Schawuot in Jerusalem versammelt hatten. Sie wurden vom Heiligen Geist erfüllt, predigten in verschiedenen Sprachen und konnten einander dennoch verstehen, heißt es im Neuen Testament. Pfingsten gilt auch als Fest der Kirchengründung. Vor allem in ländlichen Regionen war das Pfingstfest sehr oft mit verschiedenen Frühlingsbräuchen verbunden: Pfingstritte, Pfingstschnalzen, Pfingstfeuer oder die Wahl des Pfingstkönigs. Und es wurde "pfingstlich" gespeist: nämlich Pfingstmilch und Maibutter. Beide hängen damit zusammen, dass die Kühe nach der langen Zeit im Stall nun wieder auf die Weide getrieben wurden und aufgrund der frischen Gräser und Kräuter eine besonders vitaminreiche Milch gaben. Die Pfingstmilch, eine Milchsuppe mit Eiern und Mandeln, wurde von den Mägden ihren männlichen Verehrern serviert. Die Bauern schenkten die Pfingstmilch an Arme, in der Hoffnung auf eine gute Ernte. Die Maibutter, die aus der ersten Weidemilch geschöpft wird, hat eine gelbe Farbe aufgrund des höheren Carotingehalts und ist besonders cremig. Sie wird mal gemischt mit Kräutern oder in süßer Version, als halbgeschlagener Rahm mit Zimt und Zucker, verzehrt. Interessant ist die kulinarische Parallele zwischen Pfingsten und jüdischem Schawuot, ursprünglich ein Erntedankfest: Auch hier werden süße Gerichte aus Milchprodukten gegessen. Und auch im Christentum gibt es eine spirituelle Interpretation von Milch und Honig: Die Liebe der Gläubigen zu Gott ist wie Milch, die Liebe zu den Mitmenschen wie Honig. Bei den Kultmahlen der Urchristinnen und Urchristen wurden neben Wein und Brot auch Milch und Honig gegessen. Damit sollte zeichenhaft ausgedrückt werden: Der Mensch ist Teil einer Gemeinde, in der Gott ständig anwesend ist. Durch die Verbindung mit Gott wird er vor Gefahren und Krankheit bewahrt und erhält nach dem Tod ein seliges Leben. Die Pfingstmilch und die Maibutter könnten vielleicht so gesehen schon ein kleiner Vorgeschmack darauf sein.

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Titel: GFT 120530 Gedanken für den Tag / Katja Sindemann
Länge: 03:49 min

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