Gedanken für den Tag

"Die Wunden der Schöpfung heilen" - Das Vermächtnis der Wangari Maathai. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Vor kurzem ist das Vermächtnis der im September des Vorjahres verstorbenen Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai erschienen: Das Buch "Die Wunden der Schöfpung heilen".

Die Schauspielerin Andrea Jonasson liest daraus Texte, in denen sich Wangari Maathai, die einstige Umweltministerin von Kenia und Gründerin der "Green Belt"-Bewegung, für einen Heilungsprozess unseres Planeten und gegen die Entfremdung von Mensch und Natur ausspricht. Sie erinnert dabei an die alten Weisheiten spiritueller Traditionen, im Einklang mit der Natur zu leben und dem eigenen Leben einen Sinn zu geben.

Die Schauspielerin Andrea Jonasson spielt derzeit im Theater in der Josefstadt die Ella Rentheim in Henrik Ibsens Stück "John Gabriel Borkman". Doch im Gegensatz zu Ibsens düsterer Geschichte um den Finanzjongleur Borkman, sind die Texte Wangari Maathais geprägt von dem Glauben an die Fähigkeit der Menschen zu einer positiven Selbstermächtigung, so "dass sie tatsächlich schützen können, was Gott ihnen gegeben hat, und es nicht zu Holzkohle verwandeln müssen".

Wir Menschen nehmen eine doppelte Position in der Schöpfung ein: Wir sind verantwortlich, weil wir am abhängigsten sind, und wir sind die Krone der Schöpfung, weil wir am verwundbarsten sind. Dies spiegelt sich auch in den scheinbar widersprüchlichen Botschaften in den beiden Erzählungen von der Erschaffung Adams und Evas im biblischen Buch Genesis. Im zweiten Text sagt Gott zu Adam, dieser solle den Garten bebauen und bewahren; im ersten Text wird er angewiesen, über die Erde zu herrschen und sie sich untertan zu machen. Es ist viel darüber geschrieben worden, was in der Bibel unter dem Konzept der "Herrschaft" verstanden wird. Unter den Theologen und Theologinnen zeichnet sich ein Konsens darüber ab, dass die ursprüngliche Bedeutung von "Herrschaft" zutreffender mit "Verwalten" oder "Haushalterschaft" übersetzt werden sollte. Wir Menschen haben keinen Freibrief, die Natur ungeachtet der Folgen unseres Tuns auszubeuten.
Unglücklicherweise war es für die Menschen zu einfach, Herrschaft als absolute Kontrolle über die Natur und als Rechtfertigung für deren uneingeschränkte Ausbeutung aufzufassen. Nirgendwo sonst hat sich die Tragödie dieses negativen Herrschaftskonzeptes als so problematisch erwiesen wie in den Gebieten vieler traditionaler Gemeinschaften, die mit dem expansiven Kolonialismus in Berührung kamen. Einerseits lernten sie neue Anbaumethoden kennen, neue Pflanzensorten mit gesteigerten Erträgen und Maschinen, die die landwirtschaftlichen Arbeiten erleichterten. Auf der anderen Seite allerdings wurde das alte Wissen zurückgedrängt, das ihnen das Überleben unter schwierigen Bedingungen ermöglicht hatte, und sie wurden von ihrem eigenen Land vertrieben und konnten nicht mehr über sich selbst bestimmen.
Unsere Aufgabe bei der Heilung der Wunden der Erde besteht darin, eine Balance zwischen den verschiedenen Perspektiven zu finden: zwischen dem Blick aufs Ganze und dem Blick aufs Kleine; zwischen Wissen, das auf Messungen und Daten basiert, und Wissen, das auf ältere Formen von Weisheit und Erfahrung zurückgreift

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Titel: GFT 120621 Gedanken für den Tag / Andrea Jonasson
Länge: 03:50 min

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