Gedanken für den Tag

"Die Wunden der Schöpfung heilen" - Das Vermächtnis der Wangari Maathai. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Vor kurzem ist das Vermächtnis der im September des Vorjahres verstorbenen Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai erschienen: Das Buch "Die Wunden der Schöfpung heilen".

Die Schauspielerin Andrea Jonasson liest daraus Texte, in denen sich Wangari Maathai, die einstige Umweltministerin von Kenia und Gründerin der "Green Belt"-Bewegung, für einen Heilungsprozess unseres Planeten und gegen die Entfremdung von Mensch und Natur ausspricht. Sie erinnert dabei an die alten Weisheiten spiritueller Traditionen, im Einklang mit der Natur zu leben und dem eigenen Leben einen Sinn zu geben.

Die Schauspielerin Andrea Jonasson spielt derzeit im Theater in der Josefstadt die Ella Rentheim in Henrik Ibsens Stück "John Gabriel Borkman". Doch im Gegensatz zu Ibsens düsterer Geschichte um den Finanzjongleur Borkman, sind die Texte Wangari Maathais geprägt von dem Glauben an die Fähigkeit der Menschen zu einer positiven Selbstermächtigung, so "dass sie tatsächlich schützen können, was Gott ihnen gegeben hat, und es nicht zu Holzkohle verwandeln müssen".

Für meine Mutter und die Generationen vor ihr war die Verehrung bestimmter Bäume ein Teil ihrer Ehrfurcht vor der Natur. Den Traditionen der Kikuyu zufolge musste man seine Sandalen ausziehen, wenn man sich bei einer Zeremonie einem Baum näherte oder wenn man auf den Mount Kenia stieg, der um die Jahrhundertwende noch komplett bewaldet war. Selbst jene Ältesten, die als spirituelle Autoritäten galten, gingen barfuß, wenn sie den Berg bestiegen, denn der Berg war so heilig, dass es sogar untersagt war, beim Durchqueren des Bergwaldes auf Pilze zu treten.

Seit den Anfängen der menschlichen Kultur haben Bäume nicht nur Nahrung, Arznei und Baumaterial geliefert, sondern sie waren auch Stätten der Heilung, des Trostes und der Kontaktaufnahme - zu anderen Menschen und zu Gott. Bäume zählen zu den ältesten und größten Lebewesen des Planeten, und deshalb ist es kaum überraschend, dass die Menschen religiöse Vorstellungen mit ihnen verknüpft haben. Die jüdische Mystik der Kabbala stellt die Verbindung zwischen Himmel und Erde im Bild eines auf den Kopf gestellten Baumes dar. In den sehr alten hinduistischen Texten, wird der Pipal-Baum mit seinen Wurzeln im Himmel und seiner Krone in der Erde als Manifestation Brahmas im Universum angesehen. Der Baum nährt sich mit den Wurzeln und atmet mit den Blättern, und sein Stamm steht für den menschlichen Leib.

Wenn wir uns auf die heiligen Haine und den spirituellen und symbolischen Gehalt besinnen, den Bäume und Wälder für uns besitzen, dann sind Bäume ganz offenkundig nicht nur immer an unserer Seite, sondern es hat darüber hinaus auch den Anschein, dass wir ganz buchstäblich keine Menschen wären, wenn es uns nicht Leid täte, wenn ein Baum aus der Landschaft verschwindet. Mit ihm geht auch immer ein grundlegender Gedanke des Garten Eden verloren.

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Titel: GFT 120622 Gedanken für den Tag / Andrea Jonasson
Länge: 03:49 min

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