Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Ökonomie der Empathie: Über die soziale Werteskala von Gefühlen. Gestaltung: Gudrun Braunsperger

Liebe, Hass, Mitleid und Schuld sind Kategorien des Empfindens, die zum Menschsein gehören. Die Kultur der Gefühle verändert sich jedoch in dem Maß, in dem sich eine Gesellschaft verändert. Noch vor 150 Jahren diktierte ein weitgehend akzeptierter Ehrenkodex die Regeln eines Duells. Heute blickt die westliche Gesellschaft mit Befremden auf stammesgesellschaftlich geprägte Kulturen, die die Blutrache praktizieren.

Der Umgang mit Emotionen hat Einfluss auf Macht und Politik. Wie Menschen empfinden, das bestimmt auch ihr Handeln. Umgekehrt beeinflussen die Spielregeln eines Gesellschaftssystems die Art des Empfindens. Wo Gefühle zur Ware werden, wie in der therapeutischen Gesellschaft des Kapitalismus, dort verändert sich beispielsweise auch die Fähigkeit zu Empathie.

Der deutsche Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer konstatiert in seinem Buch "Das kalte Herz" einen Gefühlsverlust und stellt Überlegungen an, wie diesem Prozess entgegengewirkt werden kann. Das Forschungsgebiet der Emotionsgeschichte untersucht die Gefühlskultur der Gegenwart als Produkt einer historischen Entwicklung.

Service

Wolfgang Schmidbauer: Das kalte Herz. Von der Macht des Geldes und dem Verlust der Gefühle. Murmann Verlag 2011
Jan Plamper: Geschichte und Gefühl. Grundlagen der Emotionsgeschichte. Siedler Verlag 2012 (erscheint im Herbst).
Jeremy Rifkin: Die empathische Zivilisation. Wege zu einem globalen Bewusstsein. Campus Verlag 2009.
Günther Anders: Lieben gestern. Notizen zur Geschichte des Fühlens. Beck 1986.
Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften.
Sabine Döhring (Hg.), Philosophie der Gefühle. Suhrkamp Verlag 2009

Sendereihe