Radiokolleg - Die Knipser

Private Fotografie am Wendepunkt (1). Gestaltung: Ulrike Schmitzer

Knipser machen keine künstlerisch wertvollen Bilder, sie werden von den Profis belächelt, denn sie haben nur einen Anspruch: sie machen Bilder zur Erinnerung. Jeder Knipser bringt hunderte, wenn nicht gar tausende Bilder aus dem Urlaub mit - doch was macht er damit? Die Digitalisierung der Fotografie hat den Knipsern ein unbegrenztes Terrain eröffnet. Doch die Schnappschüsse sind nicht mehr so privat wie früher: im Internet machen Knipser heute ihre privatesten Fotos öffentlich.
Die Diskussion um das Recht auf das eigene Bild ist alt. Sie wurde schon in den Anfängen der Knipserfotografie geführt, als in den 1880er Jahren die ersten Fotografen mit tragbaren Kastenkameras auf die Straße gingen und Fremde fotografierten. Die Knipser sind aber auch ein Thema der Kulturtheorie. Der französische Philosoph Pierre Bourdieu setzte sich in seinen soziologischen Studien mit den Knipsern auseinander - er meinte in den 1960er Jahren, dass die Knipserei hauptsächlich dem Zweck diene, den Zusammenhalt in der Familie zu stärken. Welches Ziel verfolgen Knipser heute, bewusst oder unbewusst?

Service

Pierre Bourdieu, Luc Boltanski ua.: Eine illegitime Kunst. Die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie. Europäische Verlagsanstalt
Fotogeschichte, Heft 111/ 2009/ Jg 29 : Susanne Regener (Hg): Amateure. Laien verändern die visuelle Kultur
Timm Starl. Knipser. Koehler + Amelang Verlag
Michael Ponstingl: Straßenleben in Wien. Fotografien von 1861 bis 1913, Christian Brandstätter Verlag
Michael Ponstingl (Hrsg.): Die Explosion der Bilderwelt - Die Photographische Gesellschaft in Wien 1861 - 1945, Christian Brandstätter Verlag

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