Gedanken für den Tag
Von Michael Bünker. "Erfahrungen auf der Alm". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer
26. Juli 2012, 06:56
Gibt es das noch, ein Land, wo Milch und Honig fließen? In manchen alten Sagen werden die Almen so beschrieben. Aber das Almleben ist keine Idylle. Dennoch: Der Mythos ist zwischen den Interessen von Viehwirtschaft und Tourismus, von Forstbesitzern und Jägern ungebrochen lebendig. Wen der Zauber des einfachen Lebens ohne fließendes Wasser und elektrischen Strom in enger Gemeinschaft mit den Tieren und umgeben von weitgehend unzerstörter Natur einmal erfasst hat, den lässt er nicht mehr so schnell los.
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker verbringt seit seiner Kindheit den Sommer auf der Alm. Er erzählt vom lieben Vieh und den steilen Wegen, von den typischen Almleuten und ihren Hütten, von den Hirschen im Wald und den Forellen im Bach und von einem Tagesablauf nach einem ganz anderen Rhythmus.
Alm ist immer eine enge Gemeinschaft von Mensch und Tier. Jährlich werden in Österreich rund 270.000 Rinder, davon 60.000 Milchkühe, 10.000 Pferde, fast 100.000 Schafe und Ziegen und - man höre und staune - rund 100 Lamas aufgetrieben. Im Westen, in Tirol und Vorarlberg überwiegen die Milchkühe, die zweimal täglich gemolken werden und die Milch für die Käseherstellung liefern. Im Süden und Osten überwiegt das Galtvieh für die Fleischproduktion. Bei vielen Hütten laufen noch die Schweine und Hühner frei herum. Alm ist eine Mensch-Tier-Gemeinschaft. Seit rund 7000 Jahren gibt es Rinder in den Alpen. Das Rind war lange davor in Anatolien an den Menschen gewöhnt und domestiziert worden. Von dort kamen auch in großen Viehtrieben die Rinder nach Europa. Mit den Haustieren, mit Schafen, Ziegen und Rindern wurde der Mensch sesshaft. Die Umstellung vom Jäger und Sammler, der jeden Tag um sein Essen bangen musste, zum Bauern mit Stall und Vorratskammer war eine der tiefgreifendsten Revolutionen in der Geschichte der Menschheit. Mit dem Vieh, so kann man sagen, bekam der Mensch erstmals so etwas wie ein Daheim. Von Martin Luther wird erzählt, dass er - als er einmal Vieh auf der Weide sah - gesagt haben soll: "Da gehen unsere Prediger, die Milchträger, Butterträger, Käseträger, Wollenträger, die uns täglich predigen den Glauben gegen Gott, dass wir ihm, als unserm Vater, vertrauen sollen, er sorge für uns und wolle uns ernähren." (WA TR 4,67)
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Playlist
Titel: GFT 120726 Gedanken für den Tag / Michael Bünker
Länge: 03:49 min