Ein Highlight der Salzburger Festspiele

"Faust I + II" bejubelt

"Faust I + II" hatte am Donnerstag, 28. Juli 2011, bei den Salzburger Festspielen Premiere: in einem achteinhalbstündigen Theater-Marathon. Regie führte Nicolas Stemann, der vor allem mit seinen Inszenierungen von Theatertexten Elfriede Jelineks bekannt geworden ist.

Kultur aktuell, 29.07.2011

Schon vor dem Theatersaal wurde das Publikum rustikal-festlich auf den Theaterabend eingestimmt. Er endete mehr als acht Stunden später mit begeistertem Applaus und Partystimmung. Etwa zwei Drittel der Besucher hatten den Theatermarathon durchgehalten.

In grandiosen schauspielerischen Leistungen wechselten die Akteure, allen voran Sebastian Rudolph, furios zwischen den Rollen des Faust, des Mephisto und des Gretchens hin und her. Ganz nach dem Motto: hat doch jeder einen Faust und Mephisto in sich.

Des Pudels Video

Großartig auch die Eingangsszene, als das Buch Faust in Reclam-Ausgabe auf Faust einredet, solange, bis er es wütend verbrennt. Er will nicht mehr in Worten kramen, sondern auf sinnliche Art erkunden, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Der Pudel erscheint als niedliche Video-Projektion am Bühnenhintergrund ebenso wie eine Professorenriege, die auf umständliche Art das Trachten des Dr. Faust erklärt und immer wieder Lacherfolge erntet. Sehr lustig auch ein philosophisches Altherren-Duett, das den künstlich geschaffenen Menschen Homunculus über das Leben aufklärt.

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Salzburger Festspiele

Ernst und heiter

In dieser Inszenierung blüht die Selbstironie und es darf gelacht werden, auch wenn etwa Johann Wolfgang von Goethe als Dame im orange geblümten Abendkleid auftritt und über die Genialität Goethes doziert. Eines ist sicher: An diesem Abend verliert der "Faust" seine Schulschwere und wird ernst und heiter als das präsentiert, was es ist: ein Irrweg der Welterkenntnis - auch wenn der zweite Teil immer schon schwer verständlich war - kein Wunder, dass Goethe ihn mit 44 Jahren Verspätung uraufführen ließ - und der Mummenschanz dort manchmal etwas zu schrill getrieben wird.

Regisseur Stemann bringt eindrücklich zu Tage, wie überraschend es ist, dass Goethe zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Finanzminister in Weimar schon das Problem der grenzenlosen Geldvermehrung durch Papiergelddrucken erkannte. Und das Versagen der Aufsichtseliten beim Auseinanderdriften von Finanz- und Realwirtschaft.

Kurz: ein überraschend zeitgemäßes Stück, mit viel Drive vorgetragen. Auch wenn der zweite Teil in vielem einfach noch nicht fertiggestellt ist: "Faust I + II" wird wohl eines der großen Highlights der diesjährigen Salzburger Festspiele.

Textfassung: Red.