Tonspuren

Tragödien sind albern. Die Schriften der Frida Kahlo. Feature von Barbara Zeithammer

Frida Kahlo gilt als die bekannteste Malerin Südamerikas, als feministische Kultfigur und Ikone der Popkultur. Die Berühmtheit der "Malerin der Schmerzen" gründet sich auf ihre Gemälde und ihre Lebensgeschichte, eine Geschichte voll Leid und Liebe - Stoff für unzählige Romane. Wenig Beachtung fanden bisher Frida Kahlos Schriften und ihre Bedeutung als Poetin und Schriftstellerin aus eigenem Recht.

Es sind Briefe an Freunde, Liebhaber, Kollegen, Gedichte, ein Tagebuch. Das Schreiben war lange vor dem Malen ihr wichtigstes Medium. Als die junge Frau nach einem Straßenbahnunfall mehrere Monate an das Bett gefesselt war, war das ihre einzige Möglichkeit, sich mitzuteilen. Malen, sagt sie einmal, tut sie nur, um die Miete und die Arztkosten bezahlen zu können. 143 Gemälde sind von der 1907 in Mexiko geborenen Malerin erhalten, 55 davon sind Selbstportraits, auf denen sie sich mit markant schwarzen Augenbrauen malt, mit Damenbart, wie eine Statue im Stile der Ikonenmalerei. Sie lächelt nie.

Mittlerweile wurde ein Großteil ihrer Briefe veröffentlicht, ihre Rezepte und Adressbücher, ihr Tagebuch. Diese Schriften zeichnen ein anderes Bild von Frida Kahlo, als das, das wir zu kennen glauben - die "Malerin der Schmerzen", die immer ernste, distanziert wirkende, zugleich leidende wie starke Frau. In den Briefen und in ihrem Tagebuch erscheint sie als Mensch voller Leidenschaft, humorvoll und unkonventionell.

In der Einleitung zur ersten spanischen Ausgabe des "diario" schreibt der mexikanische Schriftsteller Carlos Fuentes über Frida Kahlos Art zu Schreiben, dass sie "die Wörter buchstäblich streichelte; in ihrem zärtlich erotischen Umgang mit der Sprache hat sie sozusagen die Klitoris der Lust in jedem Wort entdeckt".

Frida Kahlo spielt mit der Sprache. Ihre Briefe sind wortgewandt und nicht selten voller Fröhlichkeit, Witz und Ironie, dem Humor der Verzweiflung, aber auch Leid. Sie schreibt poetisch dann wieder sehr plastisch, einmal theatralisch, immer voller Leidenschaft für das Thema und den Adressaten, immer offen und ehrlich. Sie hält mit ihrer Meinung nicht zurück, vor allem, wenn sie sich ärgert, wenn sie zum Beispiel über die "Surrealistenärsche" in Paris schimpft, ein halbes Jahr vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Frida Kahlo erfindet Worte und spielt mit ihrem Namen: sie unterschreibt Briefe an ihren Ehemann Diego Rivera, den sie "mein Junge" nennt, mit "Friduchín", "Chicuititita" oder "Fisita".

"Nichts ist fürs Leben wichtiger als das Lachen. Lachen bedeutet Stärke, Selbstvergessenheit und Leichtigkeit. Tragödien sind dagegen albern", notiert sie in ihrem "diario", einem Tage- und Skizzenbuch, das sie von 1944 bis zu ihrem Tod 1954 schreibt.

Service

Tagebuchzitate
Blick die ich sage. Das Mal- und Tagebuch. Herausgegeben und kommentiert von Renate Kroll, erschienen im Reimer Verlag, 2007

Briefstellen
Jetzt wo du mich verlässt, liebe ich dich mehr denn je. Schirmer Graf Verlag, 2004

Biographisches / Briefe und Informationen über Frida Kahlo aus:
Frida Kahlo. Ein leidenschaftliches Leben. Hayden Herrera. Fischer Taschenbuch Verlag, 5. Auflage, 2012

Aussagen über ihre Familie und sich selbst aus
Frida Kahlo - Bekenntnisse. Salomon Grimberg, Prestel Verlag, 2009

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer