Gedanken für den Tag
Von Johann Holzner. "Manchmal stand ein Stern am Himmel meines Traums" - Zum 25. Todestag von Rose Ausländer. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer
3. Jänner 2013, 06:56
Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt sich Rose Ausländer zunächst in den USA auf; sie arbeitete als Sekretärin, übersetzte Gedichte von Else Lasker-Schüler und Prosa von Adam Mickiewicz ins Englische, sie schrieb neue Gedichte, auch in englischer Sprache.
1964 zog sie nach Wien, 1965 nach Düsseldorf. Das Buch "36 Gerechte", 1967 erschienen, brachte ihr erstmals größere Resonanz. Zahlreiche weitere Gedichtbände folgten, Taschenbücher, Sammelausgaben, endlich auch literarische Auszeichnungen. Ab 1972 lebte sie im Nelly-Sachs-Haus, im so genannten Elternheim der jüdischen Gemeinde Düsseldorfs; vor 25 Jahren, am 3. Jänner 1988 ist sie gestorben. Ihr wohl berühmtestes Gedicht trägt den Titel "Bekenntnis".
BEKENNTNIS
Ich bekenne mich
zur Erde und ihren
gefährlichen Geheimnissen
zu Regen Schnee
Baum und Berg
zur mütterlichen mörderischen
Sonne zum Wasser und
seiner Flucht
zu Milch und Brot
zur Poesie
die das Märchen vom Menschen
spinnt
zum Menschen
bekenne ich mich
mit allen Worten
die mich erschaffen
Dieses Gedicht teilt zuallererst einmal das poetische Programm mit, das Rose Ausländer immer im Blick gehabt hat. Darüber hinaus verrät es, dass das lyrische Ich, in diesem Fall identisch mit der Autorin, trotz aller Widersprüchlichkeit und Trostlosigkeit des Universums - "Mein Kerker ist fünf Kontinente weit", bemerkt sie einmal an einer anderen Stelle - unbeirrt festhält am Glauben an eine schönere Welt. Schließlich verweist es auch darauf, dass die angestrebte Selbstbehauptung des Ich, auch die Selbstbehauptung der Poesie, nur dann realisierbar erscheint, wenn der Mensch zwischen Himmel und Erde, Sonne und Wasser, d.h. zwischen Mythos und Geschichte keine Grenzlinie zieht: wenn er bereit ist, auf Märchen sich einzulassen - über die gewohnten Grenzen seiner Wirklichkeit wenigstens gelegentlich hinauszuschauen.
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Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Gabriel Faure/1845 - 1924
Album: FAURÉ: KLAVIERWERKE - Pascal Rogé
Titel: Nocturne für Klavier Nr.1 op.33 Nr.1
Solist/Solistin: Pascal Roge /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: Decca 4256062