Radiokolleg - Provokation als Waffe

Wie weit geht die Meinungsfreiheit?
(2). Gestaltung: Brigitte Voykowitsch

Die freie Meinungsäußerung gehört zu den über Jahrhunderte hart erkämpften Grundrechten der Demokratie und des modernen Rechtsstaats. Die Meinungsfreiheit umfasst das Recht, beißende Kritik an den Herrschenden, an Machtstrukturen sowie an Ideen, Ideologien und Glaubenstheoremen zu äußern. Kritik bedeutet häufig auch bewusste Provokation - wie im Fall von Pussy Riot oder der Mohammed-Karikaturen. Derartige Provokationen werden nicht nur von den Provozierten selbst zum Anlass für lautstarke und oft auch gewalttätige Proteste genommen. Konservative religiöse und politische Kreise, Gegner der Meinungsfreiheit und der offenen Gesellschaft nehmen sie schnell zum Anlass, um eine Beschränkung dieser Meinungsfreiheit oder gar Blasphemie-Gesetze zu fordern. Letztere sind jedoch unvereinbar mit einem säkularen Rechtsstaat. Wie weit dürfen also Schmähungen und Verächtlichmachung gehen? Was hält die Demokratie aus? Was muss sie aushalten? Was darf die Kunst? Wie steht es um das Verhältnis von Meinungsfreiheit und Toleranz? Wie um die Eigenverantwortung - also den reflektierten Umgang mit dem eigenen Wort? Gerade die Angriffe auf Muslime haben zuletzt kulturkämpferische Züge angenommen, die auch geopolitische Dimensionen haben. Dahinter stehen auch historische Feindbilder Christentum-Islam, Okzident und Orient. Die Mohammed-Karikaturen erscheinen damit in einem ganz anderen machtpolitischen Zusammenhang als Pussy Riot oder Voltaire und seine Zeitgenossen in der französischen Aufklärung.

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