Gedanken für den Tag
Von Cornelius Hell. "Ahasver, der ewige Rebell" - Zum 100. Geburtstag des deutschen Schriftstellers Stefan Heym. Gestaltung: Alexandra Mantler
10. April 2013, 06:56
Der Schriftsteller Stefan Heym, der heute von hundert Jahren als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Chemnitz geboren wurde, hieß ursprünglich Helmuth Flieg. Den Namen Stefan Heym nahm er erst in Prag an, nachdem ihm die Flucht vor den Nazis gelungen war. Zeit seines Lebens wurde Heym immer ausgeschlossen oder musste fliehen: 1931 flog er wegen eines antimilitaristischen Gedichts von der Schule, 1933 floh er er als Jude und Kommunist über Prag in die USA, wo er in die Armee eintrat, aus der er nach dem Krieg wegen seiner politischen Überzeugungen entlassen wurde. Aus Protest gegen Kommunistenjagd und Koreakrieg übersiedelte er 1952 in die DDR, wo er sich bald mit dem Regime überwarf und schließlich 1979 aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen wurde.
Nur einmal war Heym "Repräsentant": als er im November 1994 als Alterspräsident die Eröffnungsrede im Deutschen Bundestag hielt. Er verstörte auch hier. Und zog sich im Übrigen bald wieder aus der Politik zurück. In "Ahasver", einem seiner besten Romane, machte er aus dem so genannten "ewigen Juden" einen beständigen Abweichler und Rebellen - wie er selbst einer war. Diesem Buch hat er seinen Glauben eingeschrieben, dass die Welt verändert werden muss. Dringlich war das für ihn vor allem angesichts der atomaren Aufrüstung.
Der Roman "Ahasver" redet der Veränderbarkeit der Welt so kunst- und lustvoll das Wort, dass die Lektüre auch ein großes Vergnügen ist. Er nimmt die Erstarrung der christlichen Religion wie der kommunistischen Ideologie aufs Korn und zeigt, ironisch gebrochen, den Einbruch des Denkunmöglichen in eine dogmatisch genau geregelte Welt: Am Schluss werden sowohl der eifrige Reformator Paul von Eitzen, der quasi berufsmäßig viel vom Teufel gesprochen hat, als auch der wackere Vertreter des kommunistischen Atheismus Siegfried Beifuß, der berufsmäßig nicht an seine Existenz glauben darf, von ebendiesem Teufel geholt. Anders kämen sie beide nicht raus aus ihrer geschlossenen Welt.
Service
Stefan Heym, Ahasver. Roman. btb Band 73357
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Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Paul Hindemith/1895 - 1963
Titel: Sonate für Viola und Klavier op.11 Nr.4
* Phantasie - 1.Satz (00:03:06)
Solist/Solistin: Kim Kashkashian /Viola
Solist/Solistin: Robert Levin /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: ECM 833311-2