Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Dreck.
Zur Kulturgeschichte von Schmutz, Hygiene und Sauberkeit
Eine Sendung zu der gleichnamigen Ausstellung in Innsbruck, die vom 24. Mai bis 3. November geöffnet ist, von Wolfgang Slapansky

Die "Unreinheit der Almleute", beklagte 1838 der deutsche Theologe und Schriftsteller Beda Weber, sei in Tirol deshalb so groß, weil Körperschmutz als "Beweis rüstiger Alpenthätigkeit" betrachtet werde. Schmutz als Kennzeichen von Bodenständigkeit und Ursprünglichkeit. Was vor 175 Jahren als ein Idealbild des Alpenländischen gegolten hat, hat heute ein völlig anderes Image. Über Dreck spricht man normalerweise nicht. Die gesellschaftlichen Ideale sind Sauberkeit und Hygiene. Schon Kleinkindern wird das Waschen oder das Zähneputzen als Notwendigkeit vermittelt, und sie wissen bald, was "pfui" ist. Dennoch ist der Dreck allgegenwärtiger Teil unserer Kultur. Ein modernes Leben wäre ohne medizinische Hygiene oder Abwasserkanal kaum vorstellbar. Dreck kann auch als "Kehrseite" der Kultur gesehen werden. Die Kulturgeschichte des Drecks ist auch eine Geschichte des veränderten Peinlichkeits- und Schamgefühls. Somit ist unser Verständnis von Dreck das Resultat kultureller Entwicklungen und sozialer Lernprozesse. Ist nicht auch Lehm Dreck? Dennoch: Gott formte Adam daraus. Und was produzieren wir Nachkommen Adams im Übermaß? Somit ist Dreck Ausgangs- und Endpunkt menschlicher Kultur.

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