Gedanken für den Tag

Von Rainer Bucher, Pastoraltheologe. "Zeit der Ambivalenzen" - Über den Herbst. Gestaltung: Alexandra Mantler

Stürme

Rilke ist manchmal ein etwas melancholischer Realist. Und so fügt er in sein Gedicht die Zeilen ein:

"Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los."

Im Herbst sind nicht nur die Farben voller, sondern die Winde tatsächlich los. Schließlich müssen die Blätter ja irgendwie von den Bäumen kommen.

Fast wie wenn die Natur Nietzsches harten Spruch aus dem Zarathustra realisieren würde: "Aber ich sage: was fällt, das soll man auch noch stoßen! Das Alles von heute - das fällt, das verfällt: wer wollte es halten!"

Nietzsche hat das natürlich kulturgeschichtlich gemeint und die Winde sind ja tatsächlich losgebrochen, seit Nietzsche dies Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts geschrieben hat. Er kann übrigens am wenigsten etwas für das, was dann kam, er hat nur manches früher etwas geahnt.

Die Stürme des Herbstes treiben ins Innen, ins Innen der wieder geheizten Räume, aber natürlich auch ins Innen der Reflexion. Sie sind beschleunigte Veränderung, wirbeln vieles durcheinander und signalisieren: Es muss nicht immer alles bleiben wie es war. Es kann mit einem Mal auch alles anders sein.

Ich kenne das auch, habe es selbst schon erlebt. Mit einem Mal kommt alles in Bewegung, kommt überraschend und kaum vorhergesehen Dynamik ins Leben, kommt Sturm auf und wie im Sturm üblich, weiß man nicht genau, wohin er einen treibt, ob er einen voranbringt oder in den Untergang zieht. Und nicht immer stehen geheizte Räume bereit.

Die stürmischen Zeiten des Lebens aber sind mit die dichtesten und intensivsten - so man sie gut übersteht. Sie testen uns jenseits der Routine. Und bringen voran.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Henry Purcell/1659 - 1695
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Nahum Tate/1652 - 1715
Urheber/Urheberin: Henry PURCELL/1659 London - 21.11.1695 London
Gesamttitel: DIDO AND AENEAS / Oper in 3 Akten / Gesamtaufnahme
Titel: 1. Ouvertüre (00:02:10)
1.AKT
Leitung: Raymond Leppard
Orchester: English Chamber Orchestra
Solist/Solistin: Jessye Norman /Dido, Sopran
Solist/Solistin: Thomas Allen /Aeneas, Bariton
Solist/Solistin: Marie McLaughlin /Belinda, Sopran
Solist/Solistin: Patricia Kern /Zauberin, Mezzosopran
Solist/Solistin: Helen Walker /1.Hexe, Sopran
Solist/Solistin: Della Jones /2.Hexe, Mezzosopran
Solist/Solistin: Elizabeth Gale /2.Frau, Sopran
Solist/Solistin: Patrick Power /1.Seemann, Tenor
Solist/Solistin: Derek Lee Ragin /Geist, Countertenor
Solist/Solistin: Raymond Leppard /Cembalo
Solist/Solistin: Robert Aldwinckle /Cembalo
Choreinstudierung: Jane Glover
Länge: 02:10 min
Label: Philips 4162992

weiteren Inhalt einblenden