Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Prostatakrebs - überdiagnostiziert und zu oft behandelt?

Moderation: Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger

Prostatakrebs - überdiagnostiziert und zu oft behandelt?
Über die Früherkennung von Prostatakrebs und über die richtige Therapiestrategie im Einzelfall wird seit einigen Jahren heftig diskutiert. Viele Männer sind verunsichert.
Denn wie so oft in der Medizin sind Sachverhalte nur bei unzulässiger Vereinfachung simpel. Im Falle des Prostatakarzinoms ist bisher nicht eindeutig erwiesen, welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu einer deutlichen Senkung der Sterblichkeit führen.
Zu den Fakten: Prostatakrebs betrifft fast jeden Mann - wenn er alt genug wird. Bei neun von zehn Männern über 90 finden sich, wenn man die Prostata nach dem Tod untersucht, Zellen eines Karzinoms.
Dieses verursacht bei vielen aber keine Symptome und führte nur bei relativ wenigen Männern zum Tod. In Österreich versterben etwa 1.200 Männer jährlich am Krebs der Vorsteherdrüse.
Stellen Sie sich nun vor, Sie gehen zum Urologen und lassen sich die Prostata abtasten und den PSA-Wert im Blut bestimmen. In der Mehrzahl der Fälle sind die Befunde unauffällig und Sie atmen durch. Gut.
Stellen Sie sich nun vor, ein Befund ist nicht unauffällig. Dann beginnt sich eine Spirale von Untersuchungen und Behandlungen zu drehen, die Ihnen auch Schaden zufügen kann.
Der Urologe wird Ihnen wahrscheinlich weiterführende Maßnahmen wie eine Biopsie vorschlagen. Aber selbst wenn bei dieser invasiven Diagnoseform viele kleine Proben aus der Prostata entnommen werden, gibt diese Untersuchung keine letzte Sicherheit. Man könnte ja einen kleinen Krebsherd dennoch übersehen haben.
Und wenn die histologische Untersuchung einer oder mehrerer Stanzen ergibt, dass Krebs vorliegt - was sind die nächsten Schritte? Immerhin sterben die meisten Männer mit und nicht an einem Prostatakarzinom. Das große Dilemma ist: Die derzeit zur Verfügung stehenden Therapien wie Totaloperation der Prostata und Bestrahlung sind zwar erfolgreich, aber haben häufig beträchtliche Nebenwirkungen. Etwa zwei Drittel der Männer leiden nach diesen Behandlungen in unterschiedlichem Ausmaß an Impotenz und Inkontinenz.
Wenn der Krebs aggressiv ist, muss natürlich rasch gehandelt werden. Nur - bei der Diagnose ist in vielen Fällen nicht klar zu beurteilen, ob das vorliegende Karzinom den Mann umbringen wird, oder ob es harmlos verlaufen wird.
Daher wird in letzter Zeit die "Behandlungsvariante" aktives Überwachen propagiert. Das bedeutet, nach der Diagnose Prostatakrebs wird engmaschig kontrolliert, aber nicht behandelt.
Auch nicht "jedermanns" Sache. Könnten Sie - mit der Gewissheit einen unbehandelten Krebs in sich zu haben - ruhig schlafen? Und ist es nicht widersinnig, zuerst eine Prostatakrebsfrüherkennungsuntersuchung zu machen, einen zu finden und dann zu warten, was passiert?
Diesmal diskutiert Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit Experten und einem Betroffenen über zielführende diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei Prostatakrebs.
Eine Sendung von Dr. Christoph Leprich.

Service

Gäste im Funkhaus Wien:

Ekkehard Büchler, Obmann des Vereins "Selbsthilfe Prostatakrebs"
Obere Augartenstr. 26-28
A-1020 Wien
Tel.: & Fax: +43/1/333 10 10
E-Mail
http://www.prostatakrebse.at/Inhalt/de/Homepage|SV2

Ao.Univ.-Prof. Dr. Gero Kramer, Universitätsklinik für Urologie der Meduni Wien, Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien - Medizinischer Universitätscampus
A-1090 Wien Währinger Gürtel 18-20
Tel.: +43/1/40400-0
E-Mail
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Dr. Karl Dorfinger, Facharzt für Urologie und Andrologie, Präsident des Berufsverband der Urologen
Perfektastraße 28/1
1230 Wien
Tel.: +43/1/662 94 86
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Anlaufstellen:
Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie
Berufsverband der Österreichischen Urologen
Österreichische Selbsthilfe Prostatakrebs
Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (Deutschland)
Österreichische Selbsthilfegruppen zu Prostatakrebs, Harn-Inkontinenz und Impotenz
Selbsthilfegruppe Erektile Dysfunktion

Info-Links:
Zahlreiche Broschüren zum Thema
PSA Test kann auch schaden
Früherkennung von Prostatakrebs
Prostatakrebs - Diagnose und Prognose (Umfangreiche Broschüre)
Prostatakrebs - Patienteninformationsfilm
Patienten-Forum
Mehr Lebensqualität für Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs
Operation hat oft Nebenwirkungen
Österreichische Leitlinien zur Diagnose und Behandlung von Prostatakrebs
Deutsche Leitlinien zur Diagnose und Behandlung von Prostatakrebs

Buch-Tipps:
Deutsche Krebshilfe, Die blauen Ratgeber, Nr. 17; Prostatakrebs - Antworten, Hilfen, Perspektiven
http://www.krebshilfe.de/fileadmin/Inhalte/Downloads/PDFs/Bl

Ulrike Sammer (Hrsg.)
Was alle Männer wissen sollten - Leben mit Prostatakrebs
Verlag Novum 2011
ISBN-13: 978-3852518343

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