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"Die Zukunft der Globalisierung?" Edoardo Nesi und die Chinesen von Prato
Prato, die zweitgrößte Stadt in der Toskana, ist seit jeher eine Hochburg der italienischen Textilindustrie. Doch in den vergangenen Jahren haben sich dort 60.000 Chinesinnen und Chinesen angesiedelt. Sie produzieren Kleidung von schlechter Qualität, aber unter dem Label "Made in Italy". Feature von Conrad Lay (HR 2012)

Textilunternehmer zu sein, das war für Edoardo Nesi eine kreative, ja romantische Arbeit. Wie er dachten viele in Prato, der zweitgrößten Stadt der Toskana. Doch inzwischen haben sich 60.000 Chines/innen in dem Ort angesiedelt. Und zeigen den gleichen Fleiß und die gleiche Flexibilität, für die früher die Einwohner/innen Pratos berühmt gewesen waren. Während sie aufsteigen, geht es mit den italienischen Textilbetrieben bergab. Die chinesischen Arbeiter/innen fertigen im Akkord aus billigen chinesischen Stoffen Kleidung von schlechter Qualität, aber versehen mit dem Qualitätslabel "Made in Italy". Sie produzieren in Italien, aber zu chinesischen Bedingungen.

Am 1. Dezember 2013 kamen sieben illegale Arbeiter/innen beim Brand einer Fabrikshalle zu Tode. "Zustände wie in Bangladesch" empörte sich die italienische Politik. Der Präsident der Region Toskana, Enrico Rossi, rief dazu auf, die "Sklaverei" in Prato zu beenden, doch Bestechung und Korruption sind nicht leicht in den Griff zu bekommen.

Der Textilunternehmer Edoardo Nesi hat den Niedergang seiner Branche hautnah miterlebt und darüber ein Buch geschrieben. "Storia della mia gente", die "Geschichte meiner Leute", gewann sogar den wichtigsten italienischen Literaturpreis, den "Premio Strega". Nesi schreibt vom wirtschaftlichen Verfall der Region und den Auswirkungen auf die Zukunft. Die junge Generation von Italienerinnen und Italienern benennt Nesi klar als Opfer der Globalisierung. Nesi bringt es auf den Punkt: "Wer in Prato lebt, versteht sofort, was Globalisierung bedeutet." Eine Globalisierung mit vielen Verlierern.

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