Gedanken für den Tag

von Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien. "Wacht auf und engagiert Euch!" Gestaltung: Alexandra Mantler

Inflation der Katastrophen

Hilfsorganisationen wird gerne vorgeworfen, immer und überall nichts als Not und Leid zu sehen. Wir würden zu oft und inflationär vor den Folgen der Armut warnen.

Wir würden zu laut schreien, wenn Menschen am Rande der Gesellschaft stehen. Wir würden zu oft um Unterstützung, um Spenden und um das Engagement jedes Einzelnen bitten.

Ich habe mich oft gefragt, ob diese Kritik teilweise zutrifft; ob wir zu leichtfertig dazu neigen, vor den Folgen von Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung zu warnen.

Ich glaube nein. Denn dieses Leid ist Realität. Anders als früher ist uns dieses Leid heute vielleicht nur näher. Die Bilder aus Kriegs- und Katastrophengebieten - von den Philippinen, aus Syrien, Jordanien oder dem Libanon - erreichen uns in Echtzeit.

Und wenn vor der Küste Italiens Menschen auf der Flucht ertrinken, dann grenzt Lampedusa auch an Österreich. Nicht nur, weil wir Teil des einen Europas sind, sondern weil sich Verantwortung in einem globalen Dorf nicht abschieben lässt.

Die Welt ist kleiner geworden, sie dreht sich schneller und sie erinnert mich an meine Verantwortung - die Verantwortung, mich dort, wo ich gerade stehe, für andere Menschen einzusetzen und zu engagieren.

Schreien wir zu oft auf? Sind wir zu laut? Nein. Wer die Kinder in libanesischen und jordanischen Flüchtlingslagern sieht; wer mit der Not konfrontiert ist, die vielfach auch in unserem Land besteht, der weiß: Vor diesen Kindern, vor diesen Menschen müssen wir bestehen. Es ist gar nicht möglich, zu oft und zu laut zu schreien.

Armut und Hunger sind keine Naturgesetze. Oder um es mit den Worten von Heiner Geißler, dem früheren CDU-Generalsekretär, zu sagen: Es gibt Geld wie Dreck. Es haben nur die falschen Leute.

Vielleicht können wir die Welt nicht retten. Versuchen sollten wir es aber allemal.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Jacques Loussier/geb.1934
Titel: Konzert für Violine und Schlagzeug
* Buenos Aires, Tango - 3.Satz (00:04:50)
Solist/Solistin: Jean Pierre Wallez /Violine
Solist/Solistin: Andre Arpino /Schlagzeug
Länge: 02:10 min
Label: DECCA 4367982

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