Gedanken für den Tag

von Michael Krassnitzer, Journalist. "Zwischen Licht und Schatten" - Zum 2000. Todestag von Kaiser Augustus. Gestaltung: Alexandra Mantler

In seinen letzten Lebensjahren wurde Kaiser Augustus zum Gott erklärt. Von da an war es die Pflicht jedes römischen Bürgers, ihn - und später seine Nachfolger - kultisch zu verehren. Ansonsten aber herrschte im Römischen Reich religiöse Toleranz. Neben den ureigenen römischen Göttern - von Jupiter bis Aurora - wurden importierte Gottheiten wie Mithras, Isis, Baal oder der christliche Gott verehrt, ohne dass die Römer oder der römische Staat daran Anstoß nahmen. Problematisch wurde es für Anhänger von Religionen nur dann, wenn sie sich dem Kaiserkult verweigerten.

Es ist eine bittere Ironie, dass es diese Toleranz war, die wohl wesentlich zum Untergang der römischen Kultur beitrug. Davon bin ich in Übereinstimmung mit dem Historiker Rolf Bergmeier überzeugt. Denn das frühe Christentum hatte zwar stets Toleranz reklamiert, doch als es selbst im 4. Jahrhundert Staatsreligion wurde, war es mit der Toleranz vorbei. Von da an wurden Andersgläubige und Häretiker verfolgt. Schulen und Bibliotheken wurden geschlossen, weil sie für die Verbreitung des christlichen Glaubens irrelevant waren. Diese Zeit und die folgenden Jahrhunderte waren keine Sternstunde des Christentums, das muss ich leider sagen.

Das Alte Rom, symbolisiert durch den vor 2000 Jahren verstorbenen Kaiser Augustus, kann uns heutigen Menschen als Vorbild und Warnung dienen. In Sachen religiöser Toleranz ist das Alte Rom wahrlich ein leuchtendes Vorbild. Ich behaupte, dass es ohne diese Toleranz die 200-jährige Periode des inneren Friedens, die der Kaiser eingeleitet hatte, nicht gegeben hätte. Aber das Schicksal Roms könnte auch eine Warnung sein: Toleranz, so meine ich, muss dort ein Ende haben, wo sie auf Intoleranz trifft. Man hüte sich vor jenen, die für sich selbst mit großer Geste Toleranz einfordern, diese aber anderen gegenüber nicht bereit sind aufzubringen.

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Georg Friedrich Händel/1685 - 1759
Album: 12 Concerti grossi op.6 Nr.1 - 12, Orchesterkonzerte Nr.12 - 23
* Allegro - 4.Satz (00:02:30)
Titel: Concerto grosso op.6 Nr.4 in a-moll HWV 322, Orchesterkonzert Nr. 15
Orchester: The English Concert
Leitung: Trevor Pinnock
Länge: 02:00 min
Label: DG 4108972

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