Zwischenruf

von Pfarrer Rainer Gottas (Klagenfurt)

Alle Jahre wieder ...


In Wien öffnen viele Weihnachtsmärkte bereits an diesem Wochenende ihre Pforten - in den Bundesländern meist eine Woche später. Alle Jahre wieder hängt bereits Ende Oktober die Weihnachtsbeleuchtung in den Innenstädten. Auslagen sind weihnachtlich geschmückt. Alle Jahre wieder versprechen die Aufschriften auf den Punschständen "prickelnd heiße Weihnachten" und anderes mehr. Alle Jahre wieder wird der Advent sehr lang. Aus vier Wochen werden fünf, sechs oder mehr.

Dem halte ich entgegen: Alles hat seine Zeit - Advent ist im Dezember. So lautet seit einigen Jahren auch der Titel einer Kampagne der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie spricht mir aus dem Herzen. Sie nennt zum Beispiel beim Namen, dass die Kommerzialisierung rund um das Weihnachtsfest schlicht und einfach nervt.

Wer im Bekanntenkreis kann sich für die künstliche Verlängerung des Advent wirklich begeistern? Wer braucht bereits im Oktober Schoko-Nikoläuse und Lebkuchen? Wer hört im November schon gerne "Stille Nacht" und "Ihr Kinderlein kommet"?

So sehr ich diese schönen Lieder und das Weihnachtsfest mag: Wenn ich sie bereits Wochen, ja Monate, vor dem Advent hören muss, gefallen sie mir am Weihnachtsabend oft gar nicht mehr. Dass diese vorgezogenen Aktionen des Handels die Vorbereitung auf das Fest verleiden können - mit diesem Gefühl bin ich wohl nicht allein.

Sich schon kurz nach Sommerende in den "Jetzt-schon-an-die-Weihnachtsgeschenke-denken-Stress" versetzen lassen - nein! Ich schenke gerne und ich werde auch gerne beschenkt, aber so droht das Besorgen der Weihnachtsgeschenke zu einem monatelangen Stress zu werden. Diesem Druck will ich mich gern entziehen und mir nicht den Herbst mit seinem ganz eigenen Geruch und Geschmack stehlen lassen, sondern im Oktober die letzten Zwetschgen einkochen, im November den Garten winterfest machen - und wenn alles erledigt ist, mich im Dezember auf das Weihnachtsfest vorbereiten - äußerlich wie auch innerlich.

Alles hat seine Zeit - Advent ist im Dezember. Es tut nämlich gut, sich solchen Rhythmen, die das Leben gliedern, zu überlassen. Sie geben Zeit zum Aufatmen und Entspannen. Sie geben der Seele Raum zum Innehalten.

Seit Jahrhunderten ist das Leben in Mitteleuropa von der christlichen Tradition und ihren besonderen Zeiten geprägt - und gerade die Adventzeit ist so eine besondere Zeit des Jahres: eine Zeit der Stille und der Einkehr, eine Zeit der Vorfreude und der Erwartung.

Ja - sich auf etwas zu freuen, hat auch mit Warten zu tun: Warten auf den Beginn des Geburtstagsfestes, Warten auf die Heimkehr eines lieben Menschen, Warten auf Weihnachten.

Worauf sollen sich unsere Kinder und Enkel freuen, wenn die Lebkuchen schon seit Wochen auf dem Tisch stehen und alles immer gleich verfügbar und letztlich beliebig ist? Können Erwachsene noch darauf warten, dass die nachdenklich stimmende Dunkelheit des November vom wärmenden Kerzenschein im Advent abgelöst wird?

Sich gedulden können, gehört ganz wesentlich zur Vorfreude. Und gerade diese Vorfreude hat das Weihnachtsfest seit jeher zu etwas Besonderem und Geheimnisvollem werden lassen. Die Adventzeit mit ihrem Lichterglanz und dem besonderen Duft braucht ihren festen zeitlichen Rahmen. Nur dann behält sie ihre Bedeutung und ihren ursprünglichen Sinn.
Alles hat seine Zeit - Advent ist im Dezember.

Ich freue mich, wenn immer mehr Menschen um mich herum die Vorfreude auf Weihnachten dort lassen, wo sie hingehört, und den Advent herankommen und diese Freude langsam wachsen lassen. Abwarten und einen guten Tee trinken, könnte das Motto dieser Tage lauten. Denn: Alles hat seine Zeit, auch der Advent und besonders Weihnachten. Sie kommen im Dezember. Ich freue mich darauf.

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