Gedanken für den Tag

von Ines Knoll, evangelische Pfarrerin. "Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein" - Zum 140. Geburtstag von Albert Schweitzer. Gestaltung: Alexandra Mantler

Albert Schweitzer, Student der evangelischen Theologie und der Philosophie in Straßburg stellt sich bei dem berühmten Organisten, dem Bach-Verehrer Charles Marie Widor im Herbst 1893 in Paris vor. Auf die Frage hin, was er denn auf der Orgel vorspielen wolle, lautet die selbstbewusste Antwort: "Bach naturellement! Bach natürlich!" Eine lebenslange Freundschaft zwischen dem damals 18-Jährigen und dem um 30 Jahre älteren Organisten von St. Sulpice hat in diesem Augenblick wunderbar begonnen. Der Jüngere klärt viele Fragen über Bach, die der Ältere an ihn hat.

Durch Widor motiviert will Albert Schweitzer eine kleine Abhandlung über die Choralvorspiele Bachs für die französischen Organisten schreiben, die kleine Untersuchung wird 455 Seiten stark. Das ist typisch für Schweitzer, dieses Aufgehen in etwas, das sich im zueignet, so ist sein ganzes Leben:

In allem - und nicht nur bei Bach - und nicht nur in der Musik, auch in der Theologie, in der Philosophie und später in der Medizin, in allem geht es um ein tief Inneres, das verstanden, geglaubt und dann gelebt werden muss.

So versteht einer von Bach auch viel mehr, der sich in die Gefühlswelt Bachs versenkt. Dieses Sich-versenken beginnt bei Albert Schweitzer schon in der Kindheit, da er als neunjähriges Kind bereits den Organisten im Gottesdienst hatte vertreten dürfen und es geht weiter im Leben des Erwachsenen, der als Urwaldarzt Orgel-Konzerte gibt:

"Sie können sich nicht vorstellen, wie ich mich freue, Sie Bach hören zu lassen in der vertieften Interpretation, zu der ich in der Einsamkeit Afrikas gelangt bin."

Bach ist ihm ein Tröster, einer, der ihm Glauben gibt, dass in der Kunst wie im Leben das wahrhaft Wahre nicht ignoriert und nicht unterdrückt werden kann. Kein Mensch kann das machen. Es setzt sich von selbst durch zu seiner Zeit. Diesen Glauben hatte Bach - Schweitzer ist ihm darin verwandt:

"In dem Thomaskantor redet einer der größten Mystiker, die es je gegeben hat, zu den Menschen und führt sie aus dem Lärm in die Stille."

Darum auch sei er ein demütiger Diener der wunderbaren Musik, und es komme darauf an, dass wir gesammelte und innerliche Menschen werden, um fähig zu sein, etwas von dem tiefen Geiste Bachs lebendig werden zu lassen, denn:

"Bachs Musik ist eine andere Welt. Wir schauen bei ihm das Leben, als wandelten wir auf einer Höhe, von milder Sonne umflossen, und sähen es durch blauen Nebel hindurch zu unsern Füßen ausgebreitet."

"Für Bach verhallen die Klänge nicht, sondern steigen als ein unaussprechliches Loben zu Gott empor."

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Album: BERÜHMTE ORGELWERKE VON J.S.BACH
Titel: Wachet auf, ruft uns die Stimme BWV 645 - Choral für Orgel
Solist/Solistin: Werner Jacob /Orgel < Zacharias Hildebrandt, Naumburg >
Länge: 02:00 min
Label: EMI 7476452

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