Gedanken für den Tag

30. Juli 2015, 06:56

"Guten Morgen". "How are you?" "Ca va?" "Ca va bien?" "Wie geht's - geht's gut?" Immerzu wird man überall gefragt, wie es einem geht. Höflich antwortet man: "Danke gut, ich hoffe, Ihnen auch?" Wenn man Erich Kästner fragte: "Herr Dr., wie geht's Ihnen?" Dann antwortete er: " Man lacht..."

Nicht alle lieben Leute verfügen über eine feine Ironie. Ich zum Beispiel möchte manchmal sagen: "Es geht mir saumäßig, und jetzt lassen Sie mich bitte in Ruhe!" Ich weiß, so darf man nicht reagieren, man darf doch seine Fans nicht enttäuschen, und so setzt man - wie Schopenhauer sagte - die grinsende Maske der Höflichkeit auf.

Aber Kästner lässt uns hinter die Maske der höflichen Künstler schauen, wenn er sagt: "Als ich ein kleiner Junge war, glaubte ich folgenden Unsinn! Jeder große Künstler müsse zugleich ein wertvoller Mensch sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass bedeutende Dichter, herrliche Musiker, mitreißende Schauspieler im Privatleben Hanswürste, Geizhälse, Lügner, eitle Affen und Feiglinge sein könnten. Ich sah die Künstler in edler Vollendung über die Erde wallen. Später boten sich mir dann in reichem Maße vortreffliche Gelegenheiten, meinen Künstlerglauben gründlich zu revidieren. Und dann gibt es einen weiteren, gefährlichen Irrtum. Ich meine die Mutmaßung derjenigen, die mit eiserner Beharrlichkeit auf ihre besondere Eignung für hohe Positionen in der Politik oder im Kulturleben hinweisen - seien tatsächlich geeignet."

Man darf solchen Menschen nicht glauben, die täuschen sich in sich selbst. Sollte also Ihr freundliches: "Guten Morgen, Herr Intendant, wie geht es Ihnen?" unwirsch beantwortet werden, dann denken sie daran - er ist auch nur ein Mann...

Ach, wie schön ist es, sich zu entrüsten! Über andere versteht sich...

Service

Buch, Topsy Küppers "Mein "Ungustl", Verlag Langen Müller Herbig

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler